Die Wellen schlugen hoch, als kurz vor dem britischen Grand Prix ein brasilianisches Video auftauchte, in dem der dreimalige Formel-1-Weltmeister Nelson Piquet den siebenmaligen Champion Lewis Hamilton im Zusammenhang mit dem Unfall des Briten letztes Jahr in Silverstone mit Max Verstappen mit einem Wort titulierte, das auf Deutsch in etwa mit "kleines Negerchen" übersetzt werden könnte. Der allgemeinen Empörung folgte eine wachsweiche Pseudo-Entschuldigung des Brasilianers, der ja schon zu seiner aktiven Zeit öfters durch unschöne Verbalattacken auf seine damaligen Gegner auffiel und heute einer der größten Unterstützer von Brasiliens rechts-populistischem Präsidenten Jair Bolsonaro ist.

Er habe sich sicher nicht clever ausgedrückt, aber das Wort bedeute im brasilianischen Slang ja auch so etwas wie "Kumpel" und er habe es ja nicht abwertend gemeint. Wobei es prinzipiell richtig ist, dass das Wort selbst diese Doppelbedeutung hat, es kommt massiv auf den Kontext an. Aber so wie Piquet, dessen Tochter Kelly ja seit über einem Jahr mit Max Verstappen liiert ist, es in diesem Clip verwendet, ist die Intention eindeutig – und trägt eben doch massiv den rassistischen Unterton.

Start nach Rausschmiss

Etwas weniger im Rampenlicht steht gleichzeitig ein zweiter Fall: Red Bull Racing löste den Vertrag mit seinem Nachwuchs- und Testfahrer Juri Vips auf. Der Este hatte in einem – auf Twitch übertragenen – Gamingstream ebenfalls das N-Wort benutzt. Eine nachträgliche Entschuldigung nützte ihm nichts. Seinen Platz in der Nachwuchsklasse Formel 2 im Hitech-Team darf er allerdings zunächst behalten, wird auch in Silverstone am Start sein. Das Team rüffelte Vips für sein Fehlverhalten, gibt ihm aber eine zweite Chance. Ein weiterer Fehltritt und er müsse seine Koffer packen. Die Formel 2 kritisierte in einem offiziellen Statement der Serie die Entscheidung von Hitech. "Sie ist überraschend für uns ausgefallen. Wir hätten sie so nicht getroffen. Wir werden die Situation gemeinsam mit ihnen mit großer Sorgfalt überwachen, um sicherzustellen, dass ein solches Verhalten angemessen behandelt wird."

Tatsache ist: Die Formel 1 ist auch heute noch ein hauptsächlich "weißer" Sport – weiß, männlich und hetero – auch wenn einige Teams in verschiedenen Initiativen versuchen, dagegen anzugehen, für mehr Diversität in den eigenen Reihen zu sorgen. Besonders Mercedes, angestoßen durch Lewis Hamilton, geht da mit gutem Beispiel voran – aber auch zum Beispiel McLaren und Alpine haben ihre eigenen Initiativen.

Großer Einsatz

Gerade erhalten Motorsport UK und die Royal Academy of Engineering mehr als eine halbe Million Pfund aus der im Juli 2021 als gemeinsame Initiative von Hamilton und dem Mercedes Team ins Leben gerufenen Ignite-Partnerschaft. Mit über fünf Millionen Pfund Startkapital, die von den Gründern zur Verfügung gestellt wurden, verfolgt Ignite das Ziel, Projekte zu unterstützen, die die Vielfalt und Integration im Motorsport fördern, indem sie unterrepräsentierten Gruppen den Weg in den Sport ebnen. Speziell geht es dabei um die Erhöhung der Frauenbeteiligung im Breiten-Motorsport respektive auf Master-Stipendien im Motorsport für schwarze Studentinnen und Studenten konzentrieren.

Bis jetzt war es gerade auch in England, wo ja sieben der zehn Formel-1-Teams zu Hause sind, für Mitarbeiter aus "fremden" Kulturkreisen nicht immer einfach, wenn sie es denn schon ausnahmsweise in die Belegschaft geschafft hatten. Ein Techniker mit arabischen Wurzeln, heute bei Aston Martin, verbreitete erst kürzlich auf Twitter, er sei bei seinem früheren Team, das er aber lieber nicht nennen wolle, wegen seiner Hautfarbe und Religion schon des Öfteren mal als "Terrorist" bezeichnet worden ...

Abseits der Strecke

Auch das Umfeld – sei es die Medien- oder die Fanlandschaft – darf sich nicht immer von rassistischen Anklängen freisprechen. Was da so über die Jahre in Pressezentren aus gewissen Ecken am Kommentaren durch die Luft flog, gerade mit Bezug auf Hamilton – gerade auch auf Deutsch – führte des Öfteren dazu, sich zu wünschen, der Sprache nicht mächtig zu sein. Natürlich, auf entsprechende Anmerkungen, immer nur "als Scherz gemeint".

Und als Sky England in diesem Jahr die schwarze Ex-WSeries-Pilotin Naomi Schiff in ihr Expertenteam für die Grand-Prix-Berichterstattung aufnahm, sah die sich auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen heftigen Anfeindungen ausgesetzt. So, dass dann Lewis Hamilton höchstpersönlich mit einem Statement dazwischenging ...