Max Verstappens Sieg beim glamourösen Formel-1-Debüt in Miami hat den Weltmeister wieder etwas näher an seinen großen Ferrari-Widersacher Charles Leclerc gebracht. Mit einer lauten Polizei-Eskorte erschien der Premierensieger in Florida zur Podiumsfeier und streckte mit einem Football-Helm auf dem Kopf die Faust in den Himmel. Als sich der ausgepumpte Red-Bull-Pilot wieder aus einem Netz von Luftschlangen befreit hatte, diktierte er seinem Team den nächsten Arbeitsauftrag.
"Wir haben immer noch einige Probleme. Wir müssen sicherstellen, dass wir verlässlicher sind", mahnte der 24-Jährige nach dem schweißtreibenden Erfolg. Seinen dritten Sieg im fünften Saisonrennen nahm der Niederländer eher geschäftsmäßig zur Kenntnis. "Es ist wirklich schön hier, aber du kannst auch hier nur 25 oder 26 Punkte holen", entgegnete Verstappen auf die Frage, ob ihm der Sieg beim Debüt der Rennserie in Miami besonders viel bedeute. Noch immer nagen die beiden Ausfälle in Bahrain und Australien am Champion, der deshalb noch 19 Punkte Rückstand auf Leclerc hat.
"Es wird ein mühsames Aufholen. Wir werden nicht jedes Rennen gewinnen und es wird knapp werden", sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bei Sky. Auf den Schlussrunden hatte Verstappen die Attacken von Leclerc abgewehrt, nachdem ein Safety-Car ihm den zuvor komfortablen Vorsprung geraubt hatte. Immer mehr spitzt sich in diesem Jahr alles auf diesen Zweikampf zu, in dem der Titelverteidiger gerade das Momentum auf seiner Seite hat.
Leclercs Team will den Druck auf Red Bull schon beim nächsten Grand Prix in Barcelona wieder erhöhen. Teamchef Mattia Binotto kündigte eine neue Ausbaustufe für den F1-75 an. "Ich hoffe, sie funktioniert, damit wir sie uns wieder schnappen können", sagte der Italiener. Im Wettrüsten um den Titel habe sich Red Bull durch einen Kraftakt bei der Entwicklung des Autos in den vergangenen Wochen einen kleinen Vorteil verschafft. "Aber die Budgetgrenze setzt ein Limit für die Ausgaben. Also hoffe ich, sie hören irgendwann auf mit dem Entwickeln", sagte Binotto.
Im Fahrerlager in Miami wimmelte es unterdessen nur so von Stars aus den Bereichen Film, Musik, Politik und Sport. Von der Basketball-Legende Michael Jordan über die Hotel-Erbin Paris Hilton bis hin zur Fußball-Ikone David Beckham, dem Musiker Pharrell Williams oder der ehemaligen First Lady Michelle Obama, sie alle wohnten dem schillernden Schaulaufen bei. Als die Bühne schließlich den Formel-1-Stars überlassen wurde, konnte das Geschehen auf der Rennstrecke rund um das NFL-Stadion der Miami Dolphins jedoch kaum mit dem Brimborium rundherum mithalten.
Dabei war nach den turbulent verlaufenen Trainings alles für ein verrücktes Rennen angerichtet. Statt einem Grand Prix mit Chaos, haufenweise Unfällen und Safety-Car-Phasen zeigten die Protagonisten vor vollen Zuschauerrängen nur wenig Spektakel. Zum einen, weil der befürchtete Regen trotz 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht einsetzte, zum anderen aber auch, weil die neu asphaltierte Strecke den Fahrern im Rennen bedeutend weniger Mühe bereitete als noch in den zwei Tagen zuvor.
Leclerc gab sich trotz des nächsten Dämpfers mit Blick auf die Gesamtwertung noch betont gelassen. "Ich mag die Position des Gejagten, weil das bedeutet, dass du etwas richtig machst", sagte der Monegasse: "Wir müssen einfach immer weiter pushen. Es ist knapp und das wollen alle so sehen."
Im Action-Krimi zwischen Leclerc und Verstappen droht der Konkurrenz auch für den Rest der Saison die Nebenrolle. Serien-Weltmeister Mercedes ist nur noch dritte Kraft und kommt einfach nicht näher, George Russell als Fünfter und Lewis Hamilton als Sechster waren chancenlos. "Wir sind im Niemandsland", klagte Teamchef Toto Wolff: "Wir fliegen seit Saisonbeginn ein bisschen im Nebel." Auch die ambitionierten Herausforderer McLaren, Alpine und Aston Martin haben die radikale Regelreform nicht für den großen Wurf nutzen können. Dem Rest fehlen die Mittel.