Den Verdacht haben Red Bull und Christian Horner ja schon lange: Mit dem Heckflügel von Mercedes könne einfach etwas nicht stimmen. Deshalb sammelte man seit einigen Rennen so viel Beweise wie möglich, um eventuell einen Protest einreichen zu können. Oder wenigstens eine Klarstellung der FIA zu erreichen – per technischer Direktive, per Ankündigung, bestimmte Punkte in Zukunft anders zu kontrollieren.
Jetzt scheint es so, als habe das Drängen der Bullen zumindest eine gewisse Wirkung gezeigt. Red-Bull-Motorsport-Koordinator Helmut Marko bestätigte, was als Gerücht schon durchs Fahrerlager waberte: Dass die FIA vielleicht bereits in Katar (Rennen heute ab 15 Uhr im Live-Ticker), auf jeden Fall aber ab dem nächsten Rennen in Jeddah genauer kontrollieren wolle – und durchaus auch die Möglichkeit habe, gewisse Fragezeichen zu überprüfen.
Red Bull glaubt zu wissen, dass sich der Mercedes-Heckflügel ab einer Geschwindigkeit von 260 km/h gezielt nach unten verbiegt. Und zwar das Hauptblatt. Egal ob in geschlossenem Zustand oder mit DRS. Dadurch würde sich die Spalte zwischen Hauptblatt und Flap weiter vergrößern. Eine breitere Öffnung senkt den Luftwiderstand und erhöht dadurch den Topspeed.
Christian Horner konfrontierte Mercedes-Sportchef Toto Wolff schon am Freitag auf der Pressekonferenz mit neuen Erkenntnissen: Auf der Innenseite der Heckflügel-Endplatten des Mercedes sind auf Bildern Spuren zu erkennen, so ähnlich wie Kratzer. Diese „Marken“ waren für ihn ein deutlicher Hinweis: „Wie erklärst du die Schleifspuren an deinen Flügeln?“, fragte er Toto Wolff. Der erwiderte: „Ich denke, das ist innerhalb dessen, was erlaubt ist.“
Horner macht sich Sorgen, dass ein Topspeed-Vorteil von Mercedes in den schnellen Passagen der Rennstrecken von Jeddah und Abu Dhabi WM-entscheidend sein könnten – und drohte erstmals offen mit einem Protest: „Würde ich protestieren? Ja, absolut. Wenn wir glauben, dass der Flügel nicht den Vorschriften entspricht, werden wir protestieren.“
Verstappen startet fünf Positionen weiter hinten
Am Samstag drehte Lewis Hamilton in Katar ein Traumrunde, war im Qualifying gleich um vier Zehntel schneller als Verstappen. „Im Rennen sind wir besser aufgestellt“, meinte Helmut Marko. Die erwartete Strafe gegen Max Verstappen ist eingetreten: Der WM-Führende muss den Grand Prix von fünf Positionen weiter hinten angehen. Wie der Motorsport-Weltverband FIA weniger als zwei Stunden vor dem Start mitteilte, wird der 24-jährige Red-Bull-Fahrer dafür bestraft, dass er die doppelt geschwenkten gelben Flaggen am Ende der Qualifikation am Samstag missachtete.
Er habe bei einer Gefahrensituation nicht wie vorgeschrieben sein Tempo drastisch reduziert. Demnach startet Verstappen vom siebenten statt dem zweiten Platz und damit weit hinter dem überlegenen Pole-Setter Lewis Hamilton im Mercedes. Für das Missachten der einfachen gelben Flagge wurde zudem Valtteri Bottas sanktioniert. Der Mercedes-Fahrer wird von der dritten Position drei Plätze zurückversetzt.
Karin Sturm