Das erste Rennen in Spielberg ist absolviert. Und ihr hattet eigentlich keine Chance gegen Verstappen und Red Bull. Es sah schon aus, als hättet ihr resigniert.

TOTO WOLFF: Nun, ja. Ich habe schon gesagt, dass Red Bull derzeit einen Vorsprung hat, dass wir derzeit kaum eine Chance sehen, das von heute auf morgen auszugleichen.

Was kann man dagegen tun, oder ist die WM schon abgefahren?

Ja, ich muss zugeben, dass Red Bull Racing derzeit das bessere Gesamtpaket hat. Momentan wohlbemerkt. Wir müssen einfach unsere Kräfte mobilisieren, unser Auto noch besser verstehen, um es schneller zu machen. Vor allem das Auto und die Reifen immer wieder in Einklang bringen. Ein Unterfangen, das durchaus realisierbar ist.

Schon am Wochenende wird erneut in Spielberg gefahren. Gibt es eine Kopie von Rennen eins?

Ich denke, dass sich im Großen und Ganzen nicht viel ändern wird, das Kräfteverhältnis ist momentan ziemlich gleich. Es gibt zwei Teams, die den Ton angeben. Kleine Änderungen können die verschiedenen Reifenmischungen ausmachen.

Wo liegen die Stärken des Gegners? Red Bull ist ja plötzlich auf den Geraden schneller als Mercedes. Das war nicht immer so?

Stimmt. Wir verlieren auf den Geraden viel Zeit, das ist Fakt. Es ist auch richtig, dass wir jahrelang auf den Geraden die Schnelleren waren. Aber wir werden uns noch mehr anstrengen, einen besseren Job machen. Red Bull fährt einen Heckflügel, wo du derzeit einfach nicht vorbei kommst. Aber die Rennen werden ja nicht nur auf den Geraden entschieden, auch die Reifen entscheiden, Under- und Overcuts bei den Boxenstopps, die Zuverlässigkeit.

Aber bei den Endgeschwindigkeiten gibt es gar nicht so einen großen Unterschied?

Geschwindigkeit hat mehrere Faktoren. Natürlich die Motorleistung, die Aerodynamik, die Lage der Strecke. Wir verlieren im Grund über die gesamte Länge der Geraden Zeit. Nicht nur beim Topspeed.

Sie haben gleich nach dem Rennen gesagt, dass heuer mit keinen großen Upgrades am Auto zu rechnen ist. Ihr schon mehr an 2022 denkt. Das kommt ja einer Selbstaufgabe gleich. Und wie erklären sie das Lewis Hamilton, der neue Teile fordert?

Das ist eine heikle Situation. Jeder Fahrer verlangt immer nach einem Fortschritt. Und dann bist zu in der scheinbaren Situation, dass du derzeit nichts dagegen zu setzen hast. Aber wir können dagegen setzen. Wir konzentrieren uns jetzt schon mehr auf das nächste Jahr. Und Red Bull kann auch nicht bis September immer nur neue Teile bringen. Wenn das so wäre, würde Red Bull am Anfang 2022 gleich zwei Sekunden hinten sein. Ich denke, Red Bull kann noch Teile bringen, auch substanzielle, aber das wird nicht ewig so gehen. Diese Meisterschaft ist noch so lang, das ist ja ein Schwergewichtskampf über 23 Runden. Und jetzt sind wir erst in der Runde neun.

Beim nächsten Rennen in Spielberg kommen neue Reifen, weichere. Ist das eine Hoffnung?

Wir haben im Vorjahr Lotterie gespielt, heuer nehmen wir, was kommt. Nein, wir werden sehen, am Freitag die Longruns probieren, ob wir da nicht besser abschneiden können. Auf alle Fälle eröffnen die weicheren Reifen neue Strategien.

Am österreichischen Fußball-Nationalteam hat man gesehen, dass man auch aus Niederlagen etwas recht Positives ziehen kann. Was ist eure positive Erkenntnis aus dem ersten Rennen in Spielberg?

Ich habe mir mit Stefano Domenicali (Anm.: Formel-1-Chef) das Spiel Österreich gegen Italien angeschaut. Der ist ganz schön nervös geworden. Der Kampfgeist, den Österreich gezeigt hat, war unglaublich. Wenn du Herz hast, kannst du 0:2 hinten liegen. Wir haben auf dem Red-Bull-Ring alles gegeben und verloren. Wir haben aber das Herz, dass wir uns da wieder herausziehen.

Es gibt immer wieder neue Regeln. Jetzt wird der Reifendruck noch mehr kontrolliert, die Boxenstopps sollen verlangsamt werden. Ist es nicht schon zu viel an Kontrollen?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Gerade mit dem Reglement der Budgetobergrenze. Entweder man sagt: soviel Geld könnt ihr ausgeben, macht was ihr wollt. Die einen bauen dann ein Auto mit Groundeffekt, die anderen hängen einen 18-Zylindermotor hinten rein. Das wäre die eine Variante. Die andere ist, dass man Regeln macht, die immer fester zurren, dass es keinen Missbrauch gibt. Beide Möglichkeiten sind okay, die erste Variante wäre vielleicht interessanter. Aber wir haben so komplexe Antriebe, dass es eben Regeln geben muss.