Mit gedämpften Erwartungen geht der Formel-1-Rennstall Mercedes in die zwei Rennen auf dem Red Bull Ring in Spielberg. Das so erfolgsverwöhnte Team ist gegenüber dem WM-Rivalen Red Bull Racing ins Hintertreffen geraten. Das könnte sich auch in Österreich fortsetzen, fürchtet Teamchef Toto Wolff. "Ich mache mir keine Illusionen", sagte der Wiener. "Mit dem Paket, das Red Bull heuer hat, mit der Power und dem guten Chassis, ist klar, dass sie ganz schwierig zu knacken sind."

Der Red Bull Ring habe "so seine Tücken", fuhr Wolff fort. "Unser Auto ist da nicht ganz besonders glücklich in diesen beiden engen Kurven", verwies er auf den Mittelteil der 4,318 Kilometer kurzen Strecke. Dabei kann sich die Bilanz der Silbernen in der Steiermark sehen lassen: von acht Rennen auf dem Ring hat Mercedes sechs gewonnen. Je zweimal waren Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Valtteri Bottas Sieger. Beim coronabedingt verspäteten WM-Auftakt in der Vorsaison gewann zunächst der Finne Bottas im Aichfeld, eine Woche später sein britischer Teamkollege Hamilton.

"Wir wissen jedoch, dass die Situation in dieser Saison ganz anders ist. In Spielberg erwarten uns eine sehr schnelle Runde und ein kurzer Kurs, auf dem es weniger Möglichkeiten gibt, um Zeit gutzumachen", sagte der 49-jährige Wolff vor dem Großen Preis der Steiermark am Sonntag (15.00 Uhr/live Servus TV und Sky). "Ich denke, im Rennen sind wir vielleicht ein bisschen näher dran, aber das, was wir an Vorsprung auf den Geraden hatten, haben wir nicht mehr. Den Berg raufpowern und die dann folgende Gerade sind vielleicht die einzigen Chancen, die du hast. Und da musst du halt schneller sein, das sind wir im Moment nicht."

Verkalkuliert

Am Sonntag verkalkulierte sich Mercedes beim Großen Preis von Frankreich in Le Castellet hinsichtlich der Rennstrategie, konkret beim Einschätzen der Lebensdauer der Reifen. Hamilton hatte am Ende mit ramponierten Pneus keine Chance mehr, um den Sieg zu kämpfen - Red-Bull-Ass Max Verstappen fuhr seinen dritten Saisonerfolg ein und baute die WM-Führung aus. Es war nicht der einzige Patzer von Mercedes in dieser Saison.

"Wir haben schon viele Punkte verloren in den letzten Rennen", weiß Wolff. "Einen zweiten Platz von Valtteri in Monaco, der wahrscheinlich so passiert wäre, einen glücklichen Sieg in Baku und einen Sieg jetzt." 50 Punkte hat das Team in den vergangenen Schauplätzen laut seiner Rechnung liegen gelassen - damit wäre man in der Konstrukteurswertung vorne. In Monaco versagte beim Reifenwechsel eine Radmutter, das Rad steckte an Bottas' Wagen fest. In Aserbaidschan verdrückte sich Hamilton am Lenkrad und verstellte damit die Bremsbalance so, dass er auf der Hinterachse quasi keine Bremswirkung mehr hatte.

Positive Erkenntnisse

Wie Wolff erklärte, gab es für Mercedes jedoch positive Erkenntnisse aus Frankreich, nachdem die Enttäuschung unmittelbar nach dem Grand Prix verflogen war. "Mit den Plätzen zwei und vier haben wir eine gute Punkteausbeute eingefahren und die Pace des Autos war im Vergleich zu Monaco und Baku ein Fortschritt, der Mut macht." Das Team habe "die Bereiche verstanden, in denen wir Möglichkeiten sehen, um uns weiter zu verbessern. Jetzt kommt es darauf an, diese Verbesserungen bei den nächsten beiden Rennen in Österreich umzusetzen."

Unabhängig vom Renngeschehen freut sich Wolff derzeit über die Rückkehr der Fans an die Strecken. Wie schon in Frankreich werden am kommenden Wochenende 15.000 Besucherinnen und Besucher auf dem Gelände zugelassen sein. Beim zweiten Termin auf dem Red Bull Ring in der nächsten Woche kommt es zu einer echten Öffnung - mit dem Sanktus der Bundesregierung fallen die Corona-Zuschauerbeschränkungen. "Ich habe das sehr vermisst, die Stimmung, die so ein voller Grand Stand auslösen kann", betonte der Österreicher. "Das ist schon ein Bestandteil der Show."