Die Formel 1 als "Klub der Milliardärssöhne" - so betitelte Serien-Weltmeister Lewis Hamilton die Rennserie in einem Interview und kritisierte damit vor allem junge Fahrer, die nur durch die dicke Geldbörse der Eltern, nicht aber aufgrund ihres Talents hinter dem Lenkrad in die glamouröse Formel 1 aufgestiegen sind.
Ein Pilot kann dabei aber sicher nicht gemeint sein: Lando Norris. Einerseits, weil das Vermögen seines Vaters auf "nur" 205 Millionen britische Pfund geschätzt wird und es somit nicht ganz zum Milliardär reichte. Adam Norris konnte sich nach dem Verkauf seines Unternehmens bereits im zarten Alter von 36 Jahren zur Ruhe setzen und seinem Sohn in diversen Nachwuchsserien eine Armada an privaten Köchen und Physiotherapeuten zur Seite stellen. Andererseits fährt Norris seit dem Vorjahr konstant in die Punkteränge und durfte bei der Siegerehrung auch schon dreimal den Champagner versprühen, der im Hause Norris ansonsten nur getrunken wird. Für die britische Presse war der "Anti-Hamilton" geboren.
Prominente Unterstützter
Seine Anhängerschaft wuchs fast so schnell, wie sein Punktekonto in der Formel 1. Mittlerweile zählt Norris zu den beliebtesten Fahrern im aktuellen Starterfeld, hat auf Instagram mehr als 3,2 Millionen Follower. Darunter wohl auch gleich mehrere Kicker des englischen Fußball-Nationalteams. Im Trainingslager der "Three Lions" steht ein Rennsimulator, der anscheinend bestens genutzt wird. "Einige Spieler haben mir geschrieben und gesagt, sie versuchen meine Rundenzeiten auf dem Simulator zu schlagen. Geschafft hat es aber glaube ich noch niemand", erzählte Norris, der als herausragender Fahrer im Simulator gilt.
Doch nicht nur auf der virtuellen Rennstrecke zeigte der Sohn einer belgischen Mutter sein Können. Vor ziemlich genau einem Jahr fuhr er das erste Mal aufs Podest - ausgerechnet in Spielberg. Im ersten Rennen der Vorsaison fuhr der 21-Jährige sensationell auf den dritten Rang, stahl zum Auftakt den vor ihm gereihten Valtteri Bottas und Charles Leclerc die Show, seinem Rennstall aber nicht die Lorbeeren. "Ich bin stolz darauf, was wir als Team erreicht haben", sagte er direkt nach seinem sensationellen dritten Platz am Ring und freute sich auch über ein kleines Geschenk. "Ich habe eine wirklich schöne und kleine Trophäe erhalten, die erste seit ein paar Jahren."
Goldene Zukunft bei McLaren
Denn wie von seinen meisten Kollegen im Starterfeld durchlief auch in Glastonbury aufgewachsene Brite alles Nachwuchsserien nahezu makellos. Auf die Formel 4, Formel Renault und Formel 3 folgte ein Engagement in bei Carlin Motorsport in der Formel 2. Mit nur einem Sieg und trotz eines schwachen Saisonfinales holte ihn McLaren aus dem "Young Driver Program" in die Königsklasse - ein wahrer Goldgriff, wie sich herausstellte. "Wir sind froh, dass wir eines der klügsten Talente im Formel-1-Starterfeld an uns binden konnte", wurde McLaren-Racing-Chef Zak Brown zitiert, als der Vertrag des 21-Jährigen "um mehrere Jahre" verlängert wurde. Die endgültige Bestätigung dafür, dass der "Anti-Hamilton" alles andere als ein Bezahlfahrer ist - auch wenn er sich selbst gar nicht als so einen sieht. "Ich rede zwar nicht gerne darüber, aber im Vergleich zu Lance Stroll ist mein Vater bei weitem nicht so wohlhabend."