Der derzeit im Williams sitzende Mercedes-Junior George Russell und Mercedes-Stammfahrer Valtteri Bottas hatten bei dem Unfall einen Trümmerhaufen hinterlassen und für eine Rennunterbrechung gesorgt. Der Vorfall könne die teure Weiterentwicklung der Mercedes-Autos beeinflussen, ärgerte sich Toto Wolff. Alle happy waren hingegen im Team von Sieger Max Verstappen.
"Wir sehen, es ist ein Duell auf Augenhöhe. Das wird sicher ganz, ganz spannend über die Saison werden", sagte Red-Bull-Berater Helmut Marko, nachdem Verstappen mit einem Fabelstart von Platz drei aus alle inklusive Pole-Mann Lewis Hamilton hinter sich gelassen und später in dem chaotischen und unfallreichen Rennen auf dem Weg zum elften Grand-Prix-Sieg stets den Überblick bewahrt hatte. Wäre Weltmeister Hamilton nicht trotz seines selbst verschuldeten Ausrittes noch Zweiter geworden bzw. hätte er nicht kurz vor Ende die schnellste Rennrunde gefahren, Red Bull hätte erstmals seit 2013 wieder einen Fahrer an der WM-Spitze gehabt.
Tagesgespräch war aber der spektakuläre Unfall zwischen Bottas und Russell. Der britische Nachzügler wollte im Kampf um Platz neun mit 300 km/h am Finnen vorbei, dabei flogen beide kurz vor der noch vom Regen feuchten Tamburello und damit jener Kurve, in der einst Ayrton Senna tödlich verunglückt und Gerhard Berger beinahe verbrannt wäre, ab. "Willst du uns beide umbringen?", soll Russell den noch im Cockpit sitzenden Finnen gefragt haben. Sichtbar war, dass der 23-jährige Engländer dabei auch gegen das Auto schlug, während Bottas den Stinkefinger ausfuhr.
Russell gehört zum Silberpfeil-Nachwuchsprogramm und hätte als Ersatz für Hamilton vergangene Saison in Bahrain beinahe gewonnen. Er wird auch als potenzieller Nachfolger von Bottas bei Mercedes gehandelt. "Ich hatte Windschatten, und als ich ausscherte, zuckte Valtteri ganz leicht, was mich von der Linie abbrachte und ins Nass schickte", kritisierte Russell. "Das hätte er vielleicht nicht gemacht, wenn ich ein anderer Fahrer wäre", vermutete er. Bottas sah sich dagegen frei von Schuld: "Es war eindeutig sein Fehler und ich verstehe seine Wut nicht."
Mercedes-Teamchef Toto Wolff befand, dass "definitiv die Tendenz in Richtung Georges Fehlverhalten" ging. "Das ist alles nicht lustig. Nach dem Cost-Cap ist der Totalverlust eines Autos das Letzte, was wir brauchen", stellte der Österreicher in den Raum, dass die Folgen des aus seiner Sicht höchst unnötigen Zwischenfalls kostspielig wären. Zwar sei Bottas' Wagen reparierbar. "Möglicherweise wird das einige geplante Upgrades aber unmöglich machen."
Laut Wolff hätte Russell bedachter fahren müssen. "Aber es hätte die ganze Situation nie geben dürfen. Valtteri hatte miserable erste 30 Runden und hätte gar nicht dort sein sollen. Und George hätte in dem Wissen, dass die Strecke auftrocknet, dieses Manöver nie starten dürfen", hatte der Wiener eine klare Meinung.
Gerade junge Fahrer dürften die globale Perspektive nie verlieren, betonte Wolff und bezog sich darauf, dass Russell nicht irgendein Auto, sondern einen Mercedes angegriffen hatte. Also ein Gefährt, in dem er selbst möglichst bald sitzen und Weltmeister werden möchte.
Gegenüber Sky brachte Wolff das Thema deshalb humorvoll zu Ende: "Ich necke George immer, dass er bei einem gut gemachten Job irgendwann im Mercedes fahren wird. Wenn aber nicht, dann eher im Renault Clio Cup. Derzeit schaut es eher nach Clio Cup aus."
Nach Siegen von Hamilton in Bahrain und Verstappen in Imola führt Hamilton nach zwei von 23 geplanten WM-Rennen nur noch einen Zähler vor dem Niederländer. "The Guardian" brachte das so auf den Punkt: "Hamilton und Verstappen haben nun jeder einen Sieg und einen zweiten Platz, aber der Weltmeister führt im Titelrennen um einen Punkt dank seiner schnellsten Rennrunde in Imola. Er gab zu, dass ein Ausscheiden nach seinem Fehler seine Hoffnungen auf einen achten Titel hätte schwer beeinträchtigen können."
"Lewis' unglaubliche Fahrt hat uns gerettet", lobte auch Wolff seinen Star-Fahrer, der sich nach einem Ausrutscher mit gefühlvoller Fahrt im Retourgang selbst aus dem Kiesbett befreit hatte. Hamilton gab zu: "Ich bin auch nur ein Mensch, wir alle machen Fehler."