Die Formel 1 ist in den meisten Ländern nur über Pay-TV-Kanälen empfangbar. Österreich leistet sich den Luxus, über zwei Free-TV-Anbieter zu verfügen, die abwechselnd die Formel-1-Fans versorgen. ORF und Servus-TV stehen dabei aber nicht im Konkurrenzkampf, oder?
ANDREAS GRÖBL: Nein. Und ich glaube, dass uns Europa sehr beneidet um diese Konstellation. In Deutschland muss ich mir ein teures Abo zulegen, um überhaupt in den Genuss von Sport-Liveübertragungen zu kommen, für die Bundesliga, für die Formel 1. Bei uns gibt es zwei Anbieter im Free-TV. Und wenn beide das halbwegs g’scheit machen, ist es mir als Formel-1-Fan egal, wer ein Rennen überträgt. Als Servus-TV-Kommentator habe ich natürlich den Anspruch, es besser zu machen. Man muss dabei aber schon demütig bleiben. Der ORF hat ein halbes Jahrhundert Vorsprung, hat seine Fan-Basis. Allein Heinz Prüller hat für eine unfassbare Begeisterung in dem Land gesorgt. Vielleicht war es damals leichter, eine Art Heldenverehrung für einen Rindt, einen Lauda, einen Berger via TV zu erzeugen. Heute hast du so viele Kanäle, wo Content produziert wird. Heinz hat Pionierarbeit geleistet, von der der ORF sicher heute noch profitiert. Und zum Thema Konkurrenz: Ernst Hausleitner macht es großartig, Alex Wurz, sein Co, habe ich immer gemocht, egal ob als Fahrer oder als Fachkommentator. Aber ich denke, die eine oder andere Schnurre aus der Vergangenheit werde ich mir auch nicht verkneifen können.
Sie bewundern Alexander Wurz. Sie werden Nico Hülkenberg an ihrer Seite haben. Der kennt sich doch zweifellos auch recht gut aus, oder?
Na, klar. Keiner weiß so gut, wie sich diese neuen Autos anfühlen, wie sie sich bewegen, worauf es technisch ankommt, wie es in den Teams heute abläuft. Nein, auch Nico ist richtig gut.
Sprachbarrieren gibt es nicht? Österreichisches Deutsch und deutsches Deutsch ist doch mitunter sehr unterschiedlich?
Ja, das kann schon vorkommen. Bei einem Testlauf hat er eine Szene fast unverständlich kommentiert mit: "Na, bumm. Der hat jetzt Krawatte!" Bis ich draufgekommen bin, dass er meinte, dass der Angesprochene einen dicken Hals habe, hat es gedauert. Aber vielleicht gehört das zum Spiel. Dabei hat er es ja einfach: Er muss einfach nur Nico Hülkenberg sein.
Apropos Co-Kommentator: Zur Zeit eines Heinz Prüllers gab es so etwas nicht. Ist die Formel 1 heute so komplex, dass es ohne Fachmann gar nicht mehr geht? Oder ist es einfach "in", einen Co aus der Branche zu haben?
Ja, das gibt es heute schon überall. Es hat aber nur Sinn, wenn der Co-Kommentator wirklich gut ist. Wir werden keinen brauchen, der sagt, dass Reifen rund sind und sich schneller abnützen, wenn du schneller fährst. Das wäre sinnlos. Das Rollenbild des Kommentators hat sich komplett geändert. Früher war die Aufgabe, die Fakten zu hundert Prozent zu transportieren. Heute muss viel mehr Inhalt rüberkommen, einen Grundton eines Kommentars zu schaffen. Das zum Beispiel hat Heinz Prüller perfekt beherrscht. Er hat einen 18. Platz von Gerhard Berger genau so kommentiert wie das Tor von Cordoba. Du musst einen Weg in die Herzen der Fans finden, die so breit aufgestellt sind. Da kommt die Rollenteilung mit einem Co sehr entgegen. Weil ein "Drüberschwindeln" mit G’schichten geht auch nicht mehr, weil jeder die Fakten über Internetkanäle konsumiert und viel weiß.
Reicht dann nicht nur die Unterhaltung?
Schwierig. Klar wollen die Leute weg vom Alltag, weg von Corona und Klimaerwärmung. Unterhaltung ist wichtig. Den Respekt vor der Materie darf man aber nie verlieren. Freilich, wir können uns über die Haarpracht von Fahrern lustig machen. Aber am Ende reicht Blödelei allein sicher nicht.