Ein schöner Heim-GP im „Autodromo Enzo e Dino Ferrari“ ist es für Ferrari nicht wirklich: Denn auch wenn Charles Leclerc auf Platz sieben zumindest wieder ins Q3 kam - dass Sebastian Vettel als 14. wieder deutlich hinterherhinkte, ohne zu verstehen, warum, trägt nicht zum Teamfrieden bei. Denn auch wenn der viermalige Weltmeister in Imola seine Andeutung aus Portugal nicht wiederholte, erklärte er, er müsse wohl davon ausgehen, gleiches Material zu bekommen. Diese Aussage war wohl vor allem der Tatsache geschuldet, nicht unbedingt von Ferrari wegen massiver Kritik vor die Tür gesetzt zu werden.
Denn in Portimao hatte Vettel noch anders geklungen: „Es ist offensichtlich, dass das andere Auto schneller ist. Dort, wo ich die Zeit verliere, beiße ich mir schon das ganze Jahr die Zähne aus. Irgendein Idiot kommt vielleicht nie dahinter, aber ob ich ein kompletter Idiot bin? Das wage ich zu bezweifeln“, sagte der Deutsche.
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Ralf Schumacher hatte da schon gewarnt: „Es geht darum, wie Ferrari eine solche Aussage auffasst. Man könnte sie so lesen, dass da etwas nicht ganz korrekt verläuft. Und das könnte schon reichen, dass ein Arbeitgeber – wie in diesem Falle Ferrari – Maßnahmen ergreifen wird.“ Es wäre ja nicht das erst Mal: 1991 wurde der zu diesem Zeitpunkt dreimalige Weltmeister Alain Prost mitten in der Saison an die Luft gesetzt, weil er den damaligen Ferrari mit einem LKW verglich.
Und Ferrari-Teamchef Mattia Binotto stellte ja prompt klar, beide Autos seien gleich. Und schoss gleich in Richtung Vettel: „Vielleicht muss man von dem zweiten Fahrer einfach mehr erwarten können.“ Die Traumehe ist so zum Rosenkrieg verkommen. Vettel machte jedenfalls verbal erst einmal einen Rückzieher: „Für mich hat sich nie etwas geändert: Wenn ich in einen Rennwagen steige, dann will ich das Beste aus dem Material und aus mir selber holen und so schnell fahren, wie ich kann. Aber derzeit schaffe ich es nicht, so viel aus dem Ferrari zu schöpfen wie Charles das kann. Ich arbeite weiter mit den Ingenieuren daran, das zu verstehen und die Lage zu verbessern. Bislang konnte ich immer das Maximum aus einem Renner holen, in diesem Jahr ist das anders. Aber es gibt keinen anderen Weg, als weiter an mir und am Auto zu arbeiten.“
Vettel ist auch mental verunsichert
Was schwierig ist: Denn dass die Auto-Entwicklung bei Ferrari deutlich in Richtung Leclerc geht, ist logisch – und damit wird es für Vettel, der einen komplett anderen Fahrstil hat und durch die Umstände natürlich auch mental verunsichert ist, immer komplizierter.
Das Problem: Es ist auch für einen Fahrer nur schwer zu beweisen, dass das Auto des Teamkollegen deutlich besser ist. Selbst, wenn die Indizien dafür sprechen. Einige Insider zumindest zweifeln daran, dass die halbe Sekunde, die Leclerc seit Monaten regelmäßig schneller ist als der viermalige Weltmeister, nur vom Ausnahmetalent des Monegassen herrührt.
Ex-Formel-1-Chef Bernie Ecclestone etwa glaubt: „Leclerc ist sicher ein Riesentalent. Aber das war Sebastian Vettel auch, ist es immer noch. Und er hat mehr Erfahrung. Eigentlich müsste er also vorne sein. Da er das aber nicht ist, muss es andere Gründe geben. Ferrari war schon immer ein wenig durchschaubares Team, wo die Innenpolitik immer eine große Rolle spielte.“
Marko: "Eines viermaligen Weltmeisters unwürdig"
Auch DTM-Rekordmeister Bernd Schneider nimmt den Deutschen ebenfalls in Schutz: „Wenn ein viermaliger Weltmeister eine halbe Sekunde langsamer ist als der Teamkollege, liegt es nicht nur am Fahrer“, sagt er. Vettels Ex-Boss-bei Red Bull, Helmut Marko, findet die Situation Vettels bei Ferrari „eines viermaligen Weltmeisters unwürdig.“
Dass ein Team einen Fahrer absichtlich benachteiligt, klingt zwar auf den ersten Blick unwahrscheinlich, weil man sich ja selbst schaden würde. Aus politischen Gründen ist es aber durchaus schon vorgekommen: Die Ex-Sauber Piloten Felipe Nasr und Pascal Wehrlein können ein Lied davon singen, was passierte, als die schwedischen Unterstützer von Marcus Ericsson das Team übernahmen. Ein ehemaliger Mechaniker packte kürzlich darüber aus, dass absichtlich manipuliert wurde. Und 2012 bei Williams musste Bruno Senna monatelang mit einem sich massiv verformenden Frontflügel fahren – was Inboard-Aufnahmen deutlich bewiesen. Aber man musste Pastor Maldonado wegen seiner Riesen-Mitgift behalten – und brauchte Platz für den Toto-Wolff-Schützling Valtteri Bottas...
Karin Sturm aus Imola