Im Sommer wollte man bei Red Bull zumindest offiziell noch nichts davon wissen – jetzt reden sowohl Dr. Helmut Marko als auch Teamchef Christian Horner ziemlich offen darüber: Der Platz von Alex Albon wackelt – der Thai-Brite muss in den nächsten Rennen Leistung bringen, um seine Position neben Max Verstappen zu sichern. „Drei Zehntel hinter Max darf er liegen“, das ist die Vorgabe, die Marko Anfang der Woche aussprach. Bisher betrug die Differenz zum Niederländer im Durchschnitt das Doppelte. Das Auto ist extrem schwer am Limit zu fahren. Das Ausnahmetalent aus den Niederlanden kann damit umgehen – Albon hat aber Probleme beim Ritt auf dieser scharfen Rasierklinge. „Wenn sich das Auto nicht genau so verhält, wie er sich das vorstellt, dann kommt er damit nicht gut klar“, so Marko .
Warum man bei den Bullen jetzt doch ins Nachdenken kommt: 2021 will man endlich Mercedes angreifen, im letzten offiziellen Honda-Jahr um den Titel fahren. Dafür braucht man aber zwei Fahrer, die einigermaßen auf Augenhöhe sind. Was neben Verstappen nicht einfach ist – um gegen das holländische Wunderkind zu bestehen, muss man nicht nur schnell, sondern auch mental extrem gefestigt sein. Wohl auch deshalb brachte Marko Nico Hülkenberg als möglichen Albon-Ersatz ins Gespräch. Denn dass der Deutsche genau diese Eigenschaft mitbringt, das ist in der Szene bekannt – und bei seinem Einsätzen für Racing Point in diesem Jahr als Ersatzfahrer bewies der „Hulk“ ja auch wieder genau diese Coolness.
Ein Duo wie Vettel & Webber
Mit Verstappen und Hülkenberg könnte Red Bull wieder in der Situation sein, in der man früher mit Sebastian Vettel und Mark Webber war – und mit der man 2010 in Abu Dhabi den ersten WM-Titel gewann, weil man die Strategie splitten und damit Fernando Alonso und Ferrari in eine strategische Falle locken konnte. Hülkenberg könnte die Webber-Rolle ab 2021 optimal spielen. Besser noch: Es besteht kaum Gefahr, dass er und Verstappen aneinandergeraten, so wie es bei Vettel und Webber der Fall war. Verstappen und Hülkenberg schätzen und respektieren sich. Hülkenberg spricht sogar holländisch, was auf der gegenseitigen Sympathiegala sicher nicht schadet.
Ein erneuter Aufstieg von Pierre Gasly von Alpha Tauri ins A-Team scheint dagegen kein Thema - „auch Alpha Tauri bracht einen starken Teamleader“, so Marko. Womöglich dann mit einem Rookie an seiner Seite: Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Japaner Yuki Tsunoda dort Daniil Kwjat ablöst, ist hoch – man will Honda doch noch einmal einen Gefallen tun.
Sergio Perez, zeitweise auch für Red Bull gehandelt, wird im Moment eher mit Williams in Verbindung gebracht. Anscheinend überlegt die neue Teamführung dort tatsächlich, Top-Talent George Russell trotz bereits bestätigtem Vertrag vor die Tür zu setzen und lieber die mexikanischen Perez-Millionen mitzunehmen. Dass Russell, Formmel-2-Champion 2018 vor Lando Norris und Albon, dann automatisch zum Red-Bull-Kandidaten avancieren würde, ist allerdings nicht unbedingt wahrscheinlich. Denn Russell ist nun einmal ein reines Mercedes-Gewächs – und die Begeisterung von Dietrich Mateschitz für Fahrer aus dem Silber-Lager ist ja bekannt...
Debütanten-Team bei Haas
Bei Haas zeichnet sich dagegen nach dem Rausschmiss von Romain Grosjean und Kevin Magnussen „aus finanziellen Gründen“, so Teamchef Günther Steiner, ein komplettes Debütanten-Team für 2021 ab. Der Russe Nikita Mazepin, in diesem Jahr in der Formel 2 zumindest deutlich besser unterwegs als in der Vergangenheit, scheint mit einer zweistelligen Millionensumme seines Milliardärsvaters Dmitrij, der sich direkt ins Team einkaufen könnte, bereits so gut wie gesetzt. Dazu kommt ein Ferrari-Junior – und im Moment deutet vieles darauf hin, dass das doch Mick Schumacher sein könnte, der über Wochen als der große Kandidat für Alfa Romeo galt. Doch offensichtlich hat der Italiener Antonio Giovinazzi bei Ferrari, wo letztlich die Entscheidung über die Plätze bei den Kundenteams getroffen wird, mehr Fürsprecher als ursprünglich gedacht und könnte so doch noch ein Jahr zusammen mit Kimi Räikkönen bekommen...
Karin Sturm