Nico Hülkenberg war nicht nur für die Fans der Fahrer des Rennens auf dem Nürburgring, sein achter Platz von ganz hinten in der Startaufstellung begeisterte auch Racing Point. Teamchef Otmar Szafnauer lobte seinen Ersatzmann, der mit nur 50 Kilometern als Vorbereitung im Qualifying am Sonntag dass ein starkes Rennen fuhr. „Nico hat sich Schritt für Schritt gesteigert. Zeitweise waren seine Rundenzeiten auf dem Niveau von Sergio. Mit mehr Vorbereitung und einem besseren Setup wäre ein deutlich besseres Ergebnis möglich gewesen.“
Hülkenberg beinahe im Red Bull
Was aber niemand wusste: Beinahe wäre Hülkenberg beim Eifel-GP nicht für Racing Point, sondern für Red Bull gefahren. Denn noch bevor Lance Stroll am Samstag Vormittag mit seinem Magen-Darm-Virus die Segel streichen musste, drohte Alex Albon auszufallen: Der Thai-Brite hatte zunächst einmal ein unklares Corona-Testergebnis. Red-Bull-Motorsportkoordinator Helmut Marko verriet am Sonntag Abend im AvD Motorsport Magazin: „Wir waren deshalb bereits am Freitag mit Hülkenberg im Gespräch. Denn es hätte ja auch so ausgehen können, dass Alex positiv ist. Gleich nach der Landung habe ich Hülkenberg angerufen.“ Der zweite Test von Albon war dann aber eindeutig negativ, so dass er fahren konnte.
Nicht der einzige unklare Test am Nürburgring: Auch bei Mercedes, wo es zwei definitiv positive Fall gab und man deshalb insgesamt sechs Teammitglieder aus einer gemeinsamen „Bubble“ austauschen musste, war anfangs noch ein unklares Testergebnis dabei gewesen, das sich später als negativ erwies. Und Marko enthüllte ein Geheimnis, das noch viel weitreichendere Konsequenzen gehabt hätte: Bei Alfa Romeo sei das erste Testergebnis von Antonio Giovinazzi nicht eindeutig gewesen. „Erst das zweite Resultat erklärte den Italiener für gesund. Sonst wäre Mick Schumacher überraschend zu seinem GP-Debüt gekommen!“
Sorge wegen steigender Infektionszahlen
Angesichts der steigenden Infektionszahlen auch im Dunstkreis der Formel 1 steigt natürlich auch die Sorge bei den Bossen. Vor allem über eine mögliche Infektion und den Ausfall eines Fahrers. Nicht umsonst erklärte ja Mercedes-Teamchef Toto Wolff, er habe Lewis Hamilton und Valtteri Bottas aufgefordert, „wie die Mönche zu leben, nicht mehr in ein Restaurant zu gehen, nur noch allein ins Gym...“ Wohl wissend, dass diese Form kompletter Isolation schwierig sei und vor allem psychisch auch durchaus negative Konsequenzen haben könne.
Was den Teams inzwischen auch klar wird: Man muss wohl in Zukunft wirklich immer einen Ersatzfahrer von Anfang an mit dabei haben – kurzfristig jemanden einfliegen zu müssen ist unter den gegebenen Umständen zu kompliziert und riskant. Auch Red Bull will nun besser auf den Fall der Fälle vorbereitet sein, so Marko: „Wir haben vier Fahrer und Corona ist nun mal da. Damit müssen wir leben.“ Daher soll nun Ersatzfahrer Sébastien Buemi zu möglichst vielen Rennen mitkommen – angesichts der beendeten Formel-E-Saison für den Schweizer jetzt wohl auch eher machbar. Nur für den Türkei-GP gibt es für Buemi eine Überschneidung – mit dem WEC-Finale in Bahrain.
Hülkenberg und Pérez Wunschkandidaten
Für Nico Hülkenberg bleibt die Frage: Wenn ihn Red Bull für einen Ersatzfahrer-Job kontaktiert – wäre dann eventuell für die Zukunft noch mehr drin? Denn so ganz sicher scheint das Cockpit von Alex Albon für 2021 ja immer noch nicht zu sein – angesichts der doch eher schwankenden Leistungen des 23-Jährigen. Und da sich im eigenen Fahrerpool niemand wirklich zwingend anbietet, würde sich Red Bull dann wohl außerhalb umschauen. Marko machte aus den potenziellen Kandidaten am Sonntag Abend kein Geheimnis: „Man kann die Namen ja nennen. Das sind Hülkenberg und der Pérez. Ich glaube, dass keiner in der Lage ist, Verstappen zu schlagen. Die Frage ist, wer kann so im Bereich von drei Zehntelsekunden dran sein? Albon kann das an guten Tagen und er ist noch jung. Fest steht aber auch: Man kann nicht nur mit einem Bein in den Titelkampf gehen. Die Konkurrenzfähigkeit ist das, was zählt. Aber so weit sind wir noch nicht.“
Karin Sturm