Mercedes hatte seine Kritik bei dem auf dem Tisch liegenden Vorschlag vor allem am Geld festgemacht. „Wir waren immer mit einer gerechteren Verteilung des Preisgelds einverstanden“ so Toto Wolff vor einer Woche in Silverstone. „Ich würde aber sagen, dass wir das größte Opfer sind, was den Verlust an Preisgeld-Einnahmen betrifft. Wir sind der Meinung, dass Mercedes in den letzten Jahren viel zum Sport beigetragen hat. Abgesehen davon, dass wir auf der Strecke sehr konkurrenzfähig sind, haben wir den Fahrer mit der weltweit größten Strahlkraft, und wir haben das Gefühl, dass wir nicht so behandelt wurden, wie wir hätten behandelt werden sollen.“ Ferrari behält ja weiterhin eine, wenn auch reduzierte, finanzielle Sonderstellung und auch ein Vetorecht, so dass Teamchef Mattia Binotto sagen kann: „Unsere Rolle in der Formel 1 wird anerkannt. Das war für uns sehr wichtig.“

Möglich, dass man jetzt Mercedes auch auf diesem Gebiet jetzt noch einen Schritt entgegenkam, aber möglicherweise kam auch aus Stuttgart ein Hinweis, jetzt doch erst einmal zu unterschreiben. „Erst einmal“ im wahrsten Sinne des Wortes: Denn auch wenn in der letzten Woche wohl beschlossen wurde, die Entscheidung über den seit letzten Winter angedachten Verkauf des Werksteams erst einmal um ein Jahr zu verschieben – wie so vieles angesichts der Corona-Krise – bedeutet eine Unterschrift jetzt nicht mehr das gleiche wie in früheren Jahren.

Denn das neue Vertragswerk, das für fünf Jahre gelten soll, enthält etwas, was bisher undenkbar war: Ausstiegsklauseln, die jährlich gezogen werden können. Bisher konnte ein Team innerhalb einer Concorde-Periode nur gegen Zahlung von sehr hohen finanziellen Strafen vorzeitig aus der Formel 1 aussteigen. Das gab dem Rechteinhaber eine gewisse Sicherheit über sein Starterfeld.

Die neue Regelung heißt: Mercedes könnte Ende 2021 das Werksteam verkaufen, ohne eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Aus Red-Bull-Kreisen klingt durch, dass man sich für solche Klauseln eingesetzt habe – und auch den Rechteinhabern wurde wohl klar, dass sie angesichts der überall herrschenden Corona-Verunsicherung ohne solche Klauseln möglicherweise schon früher Teams verlieren würden. So soll auch Renault mit einem vorzeitigen Ausstieg gedroht haben, hätte man sich für fünf Jahre fest verpflichten müssen.

Mercedes hat aber auch noch einige andere Argumente, jetzt zumindest noch einmal für ein Jahr als Werksteam anzugreifen. Die Technik-Regeln bleiben gleich, hohe Entwicklungskosten fallen weg, weil die Autos nahezu eingefroren werden. Dazu kommt eine vorgezogene Budgetgrenze von 145 Millionen Euro. Für minimalen Geldeinsatz könnte man mit Lewis Hamilton auf die Jagd nach dem achten WM-Titel gehen.

Wie der neue Vertrag, der für Liberty Media auf Grund der Ausstiegsklauseln nicht mehr die ganz große Sicherheit geben wird wie das früher für den Rechteinhaber der Fall war, heißen soll, steht übrigens noch nicht fest. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir es weiterhin Concorde nennen“, deutete McLaren-CEO Zak Brown an. Eine Namensänderung wäre keine Überraschung, würde zu der Tendenz von Liberty Media passen, seit der Übernahme der Kontrolle im Sport so viele Bezüge wie möglich zu der Ära Bernie Ecclestones loszuwerden. Und der Begriff Concorde-Agreement stammt nun einmal aus dieser Zeit...