Der Formel-1-Neustart in Spielberg verlief für McLaren mit Platz drei durch Lando Norris atemberaubend. "Wir werden uns dafür ein paar Wiener Schnitzel gönnen", kündigte Teamchef Andreas Seidl nach dem Erfolgserlebnis vom Sonntag an.
Rang drei für den Engländer Norris und Rang fünf für Carlos Sainz aus Spanien, der Sebastian Vettel im kommenden Jahr bei Ferrari ablöst, vertrieben die finanziellen Sorgen der vergangenen Monate mit einem Schlag. Die Wiederbelebung des einst ruhmreichen McLaren-Teams unter Seidl läuft auf Hochtouren. "Wir haben noch viel vor uns in den nächsten Monaten", versicherte der Niederbayer.
Achtmal wurde das Team in der Vergangenheit Weltmeister bei den Konstrukteuren, zwölfmal holte ein McLaren-Pilot die Fahrer-WM. Darunter Ikonen wie Niki Lauda, Alain Prost und Ayrton Senna. Seit der letzten WM-Krönung mit Lewis Hamilton 2008 jagt der einst von Motorsport-Legende Bruce McLaren gegründete Rennstall höchsten Ansprüchen aber hinterher.
"Wir haben schon ein bisschen Zweifel gehabt, hätten damit nicht gerechnet", meinte Seidl in Österreich nach dem überraschenden Podest-Coup. "Es ist eine super Bestätigung für die Arbeit des Teams. Einfach super, eine Riesenfreude."
Seidl trat seinen neuen Job am 1. Mai 2019 an, nachdem er zuvor mit Porsche dreimal den Langstreckenklassiker in Le Mans gewonnen hatte. Sein Chef dort war Porsche-Motorsportchef Fritz Enzinger. Der Steirer kannte Seidl aus seiner Zeit beim Formel-1-Projekt von BMW von 2000 bis 2009, und schon da sagte man ihm das Talent nach, Organisationen mit einem Gespür für das richtige Personal auf- und umbauen zu können.
Die Coronakrise traf dann aber auch McLaren mit voller Wucht. Nach dem Lockdown brachen die Verkäufe der Straßensportwagen ein - die Kosten liefen jedoch weiter. Die Zahlungsunfähigkeit drohte. Im futuristischen McLaren-Firmensitz in Woking mussten Projekte wie der neue Windkanal und Simulator eingefroren werden, sogar Entlassungen waren nötig. 1.200 Mitarbeiter im gesamten Konzern, 70 davon in der Formel-1-Sparte.
Erst eine Geldspritze vom Persischen Golf sicherte das Überleben. Der Mumtalakat-Staatsfonds von Bahrain, dem fast 63 Prozent an der McLaren-Gruppe gehören, organisierte bei der staatseigenen Bank ein Darlehen von 150 Millionen Pfund (rund 165 Millionen Euro).
Umso wichtiger ist es für McLaren, dass die Formel 1 den Notbetrieb aufgenommen hat. Dadurch kann sich die "Königsklasse" des Motorsports die nötigen TV-Gelder sichern - und Seidls Team bei entsprechenden Ergebnissen die millionenschweren Preisgelder am Saisonende.
"Es kommt auf harte Arbeit an", sagte Norris, der sich in einer furiosen Schlussphase seinen ersten Podestplatz in der Formel 1 sicherte. Der 20-Jährige ist der drittjüngste Fahrer, dem das gelungen ist. "Er hat einen super Schritt gemacht über den Winter", lobte Seidl die Entwicklung des Engländers. "Er ist deutlich gefestigter als Persönlichkeit, mit ihm können wir noch viel Spaß haben."
"Mein erstes Podium ist nicht mein einziges Ziel in der Formel 1", stellte Norris klar. "Ich will Rennen gewinnen." Bei der zweiten Auflage in Spielberg an diesem Sonntag kann er den nächsten Versuch unternehmen. Im Erfolgsfall wäre er allerdings "nur" der zweitjüngste Grand-Prix-Sieger der Geschichte. Wohl noch länger an der Spitze dieser Liste wird Red-Bull-Ass Max Verstappen stehen, der mit 18 Jahren und 228 Tagen erstmals triumphierte (2016 in Spanien).