Seit den Wintertests in Barcelona ist viel Zeit vergangen. Die Formel-1 wurde von der Corona-Pandemie genauso in die Knie gezwungen, wie die gesamte Sportwelt. Im Februar wurden die Formel-1-Autos das letzte Mal ordentlich bewegt, dann wurden die Tore der Fabriken geschlossen, die Computer herunter gefahren, die Teammitglieder in Kurzarbeit geschickt. Eingeschlafen ist die Formel 1 aber deswegen noch lange nicht. Denn die Autos, die ab heute in Spielberg ihre ersten Runden nach der Corona-Pause drehen, haben sich doch etwas verändert, eher mehr als weniger.

Und weil Spielberg, der Red-Bull-Ring unter dem 1300 Tonnen schweren Metall-Bullen als Austragungsort des Re-Starts auserwählt worden ist, geht es natürlich auch wieder um die Rivalität Red Bull Racing gegen Mercedes und Ferrari. Da geht es nicht nur um Heimatgefühle und Lokalkolorit, da geht es auch immer um viel Geld und um Stolz.

Deshalb hat sich Red Bull Racing ordentlich ins Zeug gelegt. Seit Ende Mai laufen die Werkhallen in Milton Keynes wieder auf Vollbetrieb. „Wir arbeiteten in drei Schichten, also rund um die Uhr“, erzählt Helmut Marko, der Sportchef des Hauses. Man will natürlich die Siege der letzten Jahre wiederholen. Max, der fliegende Holländer, soll heuer wieder ganz oben stehen, am besten beim Großen Preis von Österreich am Sonntag. Und beim darauf folgenden Großen Preis der Steiermark am 12. Juli.

Deshalb wird natürlich das letzte Update aufs Auto gepackt. Wie? Aerodynamisch, Motor, Flügel, Getriebe. „Ein Update“, sagt der Grazer geheimnisumwoben. Es geht dabei nicht nur um die Siege in Spielberg, der Schwung soll ins weitere Jahr, zumindest in die Rennen, die noch übrig geblieben sind, mitgenommen werden. Der Ansporn: Verstappen (22) soll der jüngste Weltmeister der Geschichte werden, ein Ansinnen mit Ablaufdatum.

Dafür hat aber die Technikabteilung die Autos komplett überarbeitet, Honda liefert dazu die letzte Evolutionsstufe des 1,6-Liter-V6-Turbomotors mit noch mehr Leistung. Ausgerechnet wurde viel auf den Computern und im Windkanal, bei einem Testtag in Silverstone vor einer Woche bekam die Mannschaft auf den 100 erlaubten Kilometern aber schon ein gutes Gefühl für die richtige Richtung, dass die vielen kleinen aerodynamischen Spitzfindigkeiten auch die entscheidenden Sekundenbruchteile bringen. Man könne es mit Mercedes aufnehmen, heißt es.

Max Verstappen befindet sich in bester Verfassung („Ich hatte ja viel Zeit zum Trainieren“), dazu kommt die Jahreszeit. Red Bull erlebte Jahr für Jahr ein Sommerhoch, heuer beginnt die Saison erst im Sommer. Ein gutes Zeichen.

Hauptgegner Mercedes

Auf der anderen Seite der Sieganwärter steht Mercedes, das unbedingt den siebenten Titel mit Lewis Hamilton einfahren will. Er ist völlig fokussiert auf die Rekorde von Michael Schumacher, will Geschichte schreiben. Und Mercedes wird sicher nicht mehr den gleichen Fehler wie im Vorjahr machen, als man die Höhenlage von Spielberg und die Hitze falsch kalkulierte, thermische Probleme bekam und das Tempo von Red Bull nicht mitgehen konnte.

Auch die Silberpfeile, neuerdings die „Black Arrows“, werden in einer stark aufgerüsteten Version antreten. Und Mercedes beabsichtige auch das DAS-Lenksystem zu verwenden, das man schon in Melbourne ausprobieren wollte. Dabei kann die Spur der Vorderräder verstellt werden. Über die Legalität ist man sich nicht handelseins.

Protestpotential ist also schon wieder reichlich vorhanden, so als hätte es das Corona-Virus nie gegeben. Red Bull wird sich vermutlich einmal am Freitag anschauen, was DAS wirklich bringt, vielleicht am ersten Wochenende den Ball noch flach spielen und nicht gleich zum Richter laufen.

Ferrari hinkt wieder einmal hinterher. Bei Tests im Februar hat der Rennstall gemerkt, dass man komplett daneben liegt und sich bei der Entwicklung der „Roten Göttin“ wieder einmal verrechnet hat. Ferrari musste von vorne beginnen. Für die letzte Entwicklungsstufe reichte die Zeit nicht, erst für Ungarn wolle man das verbesserte Auto präsentieren.
Das Layout der ersten Rennstrecken (Red-Bull- und Hungaro-Ring) werden Aufschluss geben über die Leistungsfähigkeit der Konkurrenten, wer heuer das Rennen um den WM-Titel machen wird. So gesehen ein spannungsgeladener Start in eine verdichtete Saison.