Mercedes bleibt der Formel 1 wahrscheinlich über 2021 hinaus erhalten, doch das ist noch nicht fix. Das sagte Motorsportchef Toto Wolff gegenüber motorsport.com. Der in Stuttgart beheimatete Daimler-Konzern wäge derzeit das Für und Wider eines Verbleibs in der Rennserie ab, verriet der Wiener. Der Ausstieg sei durchaus möglich, bekräftige er. "Beides sind absolut plausible Strategien."

Nachdem vor dem Großen Preis der USA die neuen Regeln für die Zeit nach 2021 präsentiert worden waren, laufen nun die Verhandlungen der Teams mit Formel-1-Eigentümer Liberty Media über die Neustrukturierung der kommerziellen Rechte. Die Teams müssen ein neues Grundlagenpapier unterschreiben, das zwangsläufig den noch bis Ende 2020 gültigen Concorde-Vertrag ersetzen muss. Dabei geht es auch darum, wie viel Mitsprache vor allem die großen Teams - allen voran Ferrari und Mercedes - haben und wie groß der Anteil am finanziellen Kuchen ist.

"Alles deutet darauf hin, dass wir bleiben werden. Aber das ist keine Tatsche", sagte Wolff, der den Grand Prix von Brasilien an diesem Wochenende auslässt, um sich unter anderem mit dem Zukunftsthema zu beschäftigen. "Wir sind mitten in der Diskussion über ein neues Concorde-Agreement. Im Zusammenhang damit, aber auch unabhängig davon, diskutieren wir die Weiterentwicklung des Automobils und was das für Effekte für den Sport haben kann", fügte der Österreicher hinzu.

Fragen, die geklärt werden müssen

"In welche Richtung bewegt sich der Automobil-Sektor? In welcher Weise ist die Formel 1 als Unterhaltungs- und Technologie-Plattform noch relevant? Wollen wir als Marke, deren erstes Auto ein Rennauto war, langfristig Teil dieser Plattform sein?", nannte Wolff Fragen, die geklärt werden sollten.

Daimler ist seit 2010 mit dem Werksteam Mercedes AMG wieder in der Formel 1. Seit 2013 ist Wolff als Motorsportchef und Formel-1-Teamchef an Bord, seit 2014 hat Mercedes alle zwölf möglichen Titel bei Fahrern und Konstrukteuren gewonnen. Laut Wolff basiert das Geschäftsmodell bei Konkurrenten wie etwa Ferrari komplett auf Rennsport, doch gebe es auch ein anderes Modell mit folgendem Grundgedanken: "Wir hatten einen sehr erfolgreichen Lauf. Es gibt nichts mehr zu beweisen. Machen wir also jetzt etwas anderes."

Gewisse Weichenstellungen hat der Konzern schon vorgenommen: In diesem Jahr stieg man aus dem Deutschen Tourenwagen-Master (DTM) aus, dafür gibt Mercedes sein Debüt in der vollelektrischen Formel-E-Serie, deren neue Saison Ende November startet. Außerdem investiert der Konzern Milliarden an Euro, um seine Serienproduktion Schritt für Schritt auf Elektro umzurüsten, damit in 20 Jahren eine CO2-neutrale Flotte stehen könnte. Denn dann dürften Automobil-Herstellern, die unbeirrt auf Verbrennungsmotoren setzen, in Europa bereits empfindliche Strafen drohen.

Motoren-Lieferant

Mercedes soll als Partner ab 2021 laut derzeitigem Stand zumindest drei andere Teams - McLaren, Racing Point und Williams - mit Motoren ausstatten. Auch das steht laut Wolff zur Diskussion. "Man kann nur schwanger sein oder nicht schwanger, nicht halb-schwanger. Also entweder werden wir an der Plattform teilnehmen oder nicht", betonte der 47-Jährige.

Auch bei Ferrari, Red Bull oder Renault ist noch nicht fix, ob sich die dahinter stehenden Konzerne ein Formel-1-Engagement unter möglicherweise radikal veränderten Rahmenbedingungen weiter leisten wollen. Während die sportlichen Entscheidungen allesamt gefallen sind, steckt die Formel 1 also mitten im Überlebenskampf um die eigene Zukunft. Eine Deadline, bis wann sich die Rennställe per Unterschrift verpflichten müssen, gibt es übrigens nicht.

Matschitz  entscheidet

"Es gibt keine Deadline, also auch keinen Druck", sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Wie der Steirer erklärte, prüft der austro-britische Red-Bull-Rennstall noch, wie es nach der Saison 2020 weitergehen soll. Bei der Entscheidung, die letztlich Firmenchef Dietrich Mateschitz obliegt, werde man sich auch nicht davon beeinflussen lassen, was die großen Konkurrenten Ferrari und Mercedes machen. "Nein, das ist unabhängig davon", sagte Marko.