Am 31. Oktober wird in weiten Teilen der westlichen Welt Halloween gefeiert, natürlich auch in Austin/Texas. Zahlreiche Formel-1-Vertretern graust es allerdings ganz ohne Zombiekostüm und Kürbislaterne - und zwar davor, was die Königsklassen-Führung am Rande des Großen Preises der USA als Regelwerk zur Saison 2021 präsentieren will.
"Ich denke, Boris Johnson ist näher dran an einem Deal als wir", hatte Christian Horner, Red-Bull-Teamchef und Brite, vor dem letzten Treffen der Teams mit Formel-1-Eigner Liberty Media und dem Automobil-Weltverband FIA vor gut zwei Wochen gesagt. Eine Aussage, die in ihrem Sarkasmus verdeutlicht, wie verhärtet die Fronten sein müssen.
Dass die Motorsport-Königsklasse Veränderung braucht, bestreitet niemand. Doch der Weg zum Konsens in einer Vielinteressengesellschaft wie der Formel 1 ist äußerst holprig. Es geht darum, den Sport ausgeglichener zu machen und gleichzeitig die Aushängeschilder wie Ferrari oder Mercedes bei der Stange zu halten.
Hierzu mussten Liberty Media und FIA von ihren ursprünglichen Ideen ein gutes Stück abrücken. Die Formel-1-Führung wollte einfachere und preiswertere Motoren, einen Budgetdeckel, mehr Einheitsteile, eine simplere Aerodynamik. Der Sport sollte insgesamt preiswerter werden und damit neue Teams und Hersteller anlocken. Vor allem aber sollte das Hinterherfahren und damit auch das Überholen einfacher werden.
Formel-1-Sportchef Ross Brawn formulierte seine Zielsetzung nach dem Liberty-Einstieg 2017 so: "Alle müssen eine Chance haben. Wir brauchen ein Leicester City in der Formel 1." Kimi Räikkönen war 2013 in Australien für Lotus der letzte Grand-Prix-Sieger, der nicht am Steuer eines Mercedes, Ferrari oder Red Bull saß. Die Chancen auf einen Außenseitersieg stehen auch bei kuriosesten Umständen derzeit im Grunde bei Null.
"Die DNA muss bleiben"
Während Renault, McLaren, Alfa Romeo oder Williams die Ideen begrüßten, stellten sich die Großen quer gegen die Gleichmacherei. "Es sollte mehr Freiheit beispielsweise bei der Aerodynamik geben, die DNA muss bleiben", kritisierte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto: "Die Formel 1 muss ein leistungsorientierter Sport sein, nicht nur ein Spektakel."
Für die großen Hersteller ist und bleibt die Formel 1 eine Schaubühne der Autobau- und Ingenieurskunst. Kreativität bei der Entwicklung ist ein integraler Bestandteil. Deswegen hat auch der komplexe Turbo-Hybrid-Motor eine Zukunft, obwohl Liberty Media und FIA zunächst anderes geplant hatten. Die beiden Gremien mussten sich auch schon von der Einführung zahlreicher Einheitsteile zur Kostenreduzierung verabschieden.
Budgetdeckelung
Was bleibt, ist eine Budgetdeckelung für alle Rennställe ab 2021 in Höhe von 175 Millionen Dollar pro Jahr. Doch auch deren Einführung stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung. Die kleinen Teams fürchten nämlich, dass die Top-Rennställe 2020 noch mehr als bislang in die Entwicklung investieren werden, um durch diesen Vorsprung ihre Spitzenposition zu zementieren.
Vielen Teamchefs wäre es mittlerweile ohnehin lieber, die Einführung der neuen Regeln ein weiteres Jahr nach hinten zu verschieben. "Es wäre besser gewesen, zuerst die Obergrenze für 2021 festzulegen und dann mehr Zeit für die Entwicklung dieser Vorschriften und für 2022 zu verwenden", erklärte Horner in Mexiko.
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff beklagte einen grundsätzlichen "Aktionismus" in der Formel 1 und forderte: "Sind die Regeln noch nicht ausgereift, müssen sie im Hinblick auf die Kostenobergrenze eben noch weiter ausgearbeitet werden."
Ein Zurück ist allerdings kaum zu erwarten, zu groß wäre der Gesichtsverlust für Liberty Media und FIA. Viel mehr als ein Kompromiss werden die Regeln für 2021 aber nicht sein. Und Kompromisse stellen bekanntermaßen niemanden wirklich zufrieden.