Unter schwierigsten Umständen ist Charles Leclerc (21) sein erster Grand-Prix-Sieg gelungen. Der junge Ferrari-Pilot gewann einen Tag nach dem tödlichen Unfall seines Freundes Anthoine Hubert am Sonntag von der Pole aus den GP von Belgien in Spa-Francorchamps vor den Mercedes von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. Hamilton baute seine WM-Führung auf Bottas auf 65 Punkte aus.
Während der ebenfalls aus Reihe eins gestartete Vorjahressieger Sebastian Vettel nach einem durchwachsenen Rennen im zweiten Ferrari nur Vierter wurde, ist Leclerc der 108. Sieger der Formel 1 und der erste aus Monaco. Die Wachablöse bei den "Roten" scheint endgültig gekommen zu sein. Zudem musste Vierfach-Weltmeister Vettel nach einer Kurzzeit-Führung sogar per Funkanordnung Platz eins an seinen elf Jahre jüngeren Teamkollegen zurückgeben.
Eine Woche vor dem großen Ferrari-Heimrennen in Monza kam der erste Saisonsieg für die Scuderia punktgenau. Statt zu jubeln zeigte Leclerc nach dem Rennen aber mit der Hand zum Himmel, um an seinen Freund Anthoine Hubert zu erinnern, der am Vortag bei einem Unfall im Formel-2-Rennen tödlich verunglückt war. "Ich kann diesen Sieg nicht so genießen, wie ich gerne würde", sagte Leclerc, der vor einigen Jahren mit Jules Bianchi einen weiteren Freund, Patenonkel und Rennfahrerkollegen verloren hatte.
Die vom Unfall geschockte Formel 1 hatte in Belgien mit einer Trauerminute sowie Gedenk-Logos auf den Autos auf den Unfall von Nachwuchsfahrer Hubert reagiert. Weltmeister Hamilton bezeichnete Hubert sogar als "Held". Der 13. Saisonlauf wurde aber planmäßig gestartet. Man fahre ein Rennen mit schwerem Herzen, verlautet die Formel auf Twitter.
Mit beiden Ferraris zum 63. Mal in der ersten Startreihe ging es um 15.15 Uhr auf der mit 7 Kilometern längsten Saisonstrecke auch pünktlich los ins 13. Saisonrennen und dem ersten nach der Sommerpause. Beim wie so oft in Spa turbulenten Start war Max Verstappen der Pechvogel. Der 100 Kilometer von der belgischen Rennstrecke entfernt geborene Lokalmatador fabrizierte zunächst schon wieder einen schlechten Start, in der ersten Kurve fuhr ihm Kimi Räikkönen mit dem rechten Hinterreifen seines Alfas übers linke Vorderrad des Red Bull. Verstappen bezahlte dies mit einem Lenkungsdefekt und krachte mit dem RB15 gleich nach Eau Rouge und kurz vor der Hubert-Unfallstelle in die Streckenbegrenzung.
Nach 21 Rennen in den Top-fünf ging damit eine große Serie des zweifachen Saisonsiegers Niederländers zu Ende. "Er hat mich nicht gesehen. Die Enttäuschung ist natürlich groß, aber nach gestern ist das egal", sagte Verstappen. Der mit Thai-Lizenz fahrende Alex Albon fuhr in seinem ersten Rennen für RBR statt Toro Rosso dafür äußerst beherzt und von Platz 17 auf Rang 5.
Leclerc fand schnell seinen Renn-Rhythmus und führte zunächst vor Vettel sowie den beiden Mercedes. In der 19. von 44 Rennrunden gab es auf den Zuschauerrängen stehende Ovationen für den verunglückten Hubert, der die Nummer 19 auf dem Auto gehabt hatte.
Vettel kam in der 15. Runde als erster Ferrari zum Reifenwechsel an die Box. Der Deutsche war danach zwar klar schneller, musste nach dem Befehl "Lass Charles vorbei" aber bald wieder zurückstecken und wurde dann mit nachlassenden Reifen auch noch von den beiden Mercedes geschluckt. Wie vermutet, half die Ferrari-Power über die Renndistanz nicht so viel wie im Qualifying über eine Runde.
Hamilton holte in der 21. Runde neuen Gummi und kritisierte die seiner Meinung nach zu späte Entscheidung. In der Tat begann sein Schlussangriff auf den führenden Leclerc wohl einen Tick zu spät. Zwar kam der Brite vor der letzten Runde bis auf 1,5 Sekunden an den Monegassen heran, wegen eines Unfalls von Antonio Giovinazzi im Alfa ging das Rennen aber unter Gelber Flagge zu Ende.
"Erst in der letzten Runde habe ich wirklich geglaubt, dass sich der Sieg ausgeht", gestand Leclerc und fügte an: "Es war heute echt schwierig. Ich widme diesen Sieg Anthoine." Hamilton wurde am Ende zwar um eine Siegchance gebracht, war aber auch mit Platz zwei zufrieden. "Ich bin echt froh über das Ergebnis, ein zweiter Platz ist solide", sagte der WM-Leader. "Ich habe bis zum Ende an den Sieg geglaubt. Aber ich bin auch glücklich für Charles."