Der 21-jährige Monegasse fuhr am Samstag im Qualifying für den Grand Prix von Belgien die Konkurrenz in Grund und Boden und erzielte mit über sieben Zehntel Vorsprung auf seinen Ferrari-Teamkollegen Sebastian Vettel überlegen Bestzeit. Die Mercedes-Asse Lewis Hamilton und Valtteri Bottas starten nur aus Reihe zwei.
Das kam im ersten Rennen nach der Sommerpause nicht ganz überraschend, denn auf der mit über sieben Kilometern längsten Strecke des Jahres in Spa-Francorchamps ist Power einfach alles. Und Pferdestärken hat Ferrari offenbar derzeit mehr als genug. Leclerc dominierte praktisch alle Einheiten, selbst ein Fehler Vettels im zweiten Outing von Q3 konnte letztlich auch dessen Platz in Reihe eins nicht gefährden.
Dafür stellten sich die Mercedes praktisch selbst ein Bein. Zwei Tage nach Bottas' Vertragsverlängerung wurden gleich die Messer ausgepackt, bremste der Finne in der Outlap für die entscheidende Runde so stark ab, dass ihm Hamilton fast ins Auto fuhr. Der Kampf um den Windschatten auf der Powerstrecke in den Ardennen nahm da fast schon kuriose Züge an. "Lächerlich", schimpfte Hamilton prompt und beklagte gesunkene Reifentemperaturen. "Auf dieser Strecke will man eben Windschatten haben", konterte Bottas achselzuckend.
Teamchef Toto Wolff reagierte sauer. "Amateurhaft" nannte der Österreicher das Piloten-Verhalten. "Jeder will besonders intelligent sein und dann stolperst über die eigenen Füße", ärgerte sich der Wiener im ORF-Fernsehen. Angesichts der Ferrari-Überlegenheit könne man sich nicht auch noch selbst ein Haxl stellen, monierte Wolff. Der Rückstand zu Ferrari sei jenseits von Gut und Böse. "Was die Power haben, ist nicht normal."
Leclerc sorgte für die erste Ferrari-Pole in Spa seit 2007. Der Jungspund fährt erst das zweite Jahr in der Formel 1 und seine erste Saison für Ferrari. Von seiner persönlich dritten Pole aus will er am Sonntag (15.10 Uhr MESZ, live ORF 1) endlich zum - überfälligen - ersten Sieg fahren, nachdem dem hoch veranlagte Monegassen dies etwa in Bahrain - wo er ebenfalls Pole hatte - versagt geblieben war. Für den elf Jahre älteren Vettel geht es im Kampf mit dem starken Teamkollegen fast schon ums Überleben. In Spa hat der vierfache Red-Bull-Weltmeister vergangenes Jahr seinen bisher letzten Sieg gefeiert.
Ob die Ferrari-Kraft auch auf die Renndistanz umlegbar ist, muss Leclerc am Sonntag bewiesen. Vermutlich kann er sich aber nur selbst oder durch die Technik schlagen. Bottas meinte aber: "Ferrari ist zwar auf den Geraden brutal stark. Aber unsere Longruns waren auch gut."
Hamilton war bei allem Ärger der Glücksritter des Tages. Nach einem Fahrfehler samt heftigem Crash im letzten Training musste sein Mercedes repariert werden. Weil Robert Kubicas Mercedes-Triebwerk im Williams gleich Anfang von Q1 explodierte und die Session unterbrochen wurde, bekamen die Mechaniker den Wagen des Weltmeisters rechtzeitig fertig.
Ähnliches Glück hatte Max Verstappen. Der nur 100 Kilometer von der Rennstrecke geborene "Lokalmatador" musste wegen Problemen zunächst an die Box, schaffte dann punktgenau vor einem Giovinazzi-Motorschaden und dem vorzeitigen Abbruch der Session seine schnelle Runde und den Aufstieg in Q2. Fahrern wie Sainz oder dem zu Toro Rosso abgeschobene Pierre Gasly blieb das verwehrt. Der statt Gasly im Red Bull fahrend Alex Albon stieg wegen einer winkenden Rückversetzung schon im Q2 aus. Insgesamt sind mindestens sechs Piloten von Platzverlusten in der Startaufstellung betroffen.
Verstappen klagte über anhaltende Leistungs-Probleme im Qualifikationsmodus seines Honda-Motors, gab sich aber vor seinem "Heimrennen" gelassen. "Platz fünf war das Beste und gleichzeitig Schlechteste, was heute für mich möglich war."
Vor dem 13. von 21 Saisonläufen führt Hamilton in der Gesamtwertung mit 250 Punkten souverän vor Bottas (188) und Verstappen (181). Vettel ist mit 156 Zählern Vierter.