Nach fünf Doppelsiegen in Folge sowie Trainings-Bestzeiten gehen Lewis Hamilton und Valtteri Bottas als Favoriten ins Formel-1-Wochenende. Ferrari sucht im Fürstentum Antworten und setzt auf die Gunst der Stunde. Red Bull auf die Form des Lebens von Max Verstappen.
Teamchef Christian Horner ist nämlich überzeugt, dass der junge Niederländer gereift und so gut ist wie noch nie. Dabei war Verstappen im Vorjahr noch der viel gescholtene Buhmann gewesen, nachdem er seinen siegfähigen Red Bull im dritten Monaco-Training geschrottet und das Qualifying verpasst hatte. Während sein damaliger Teamkollege Daniel Ricciardo souverän gewann, musste sich Verstappen mit Platz neun und der schnellsten Rennrunde begnügen.
Es könnte dennoch eine wichtiger Moment im Rennfahrerleben des Heißsporns gewesen sein. 2019 hat Verstappen schon zwei Podestplätze geholt, war in bisher fünf Rennen nie schlechter als Vierter. Damit ist der 21-Jährige als WM-Dritter erster Verfolger der überlegenen Mercedes-Asse, die nicht nur den sechsten Saison-Doppelsieg, sondern auch den sechsten Triumph in Fahrer- und Konstrukteurs-WM in Folge jagen.
"Das vor einem Jahr war sehr hart für Max. Er hat aber viel darüber reflektiert, ist gereift und hat sich enorm gesteigert", lobte Horner. "In einigen Bereichen hat Max in dieser Saison die Erwartungen sogar schon übertroffen", ergänzte der Engländer.
Dazu kommt, dass die "Bullen" mit neuem (Honda-) Motor heuer in einigen Rennen die Nummer zwei hinter Mercedes waren, während sich bei Saison-Favorit Ferrari die großen Erwartungen rasch in Luft aufgelöst haben. Die Autos von Dietrich Mateschitz laufen zudem im winkeligen Fürstentum an der Cote d'Azur immer am besten. "Monaco ist sicher unsere beste Chance, Mercedes unter Druck zu setzen. Und Max fährt in der Form seines Lebens", hofft Horner, obwohl die Silberpfeile zuletzt in Barcelona auch in langsamen Kurven unbezwingbar waren. "Um die Pole werden wir wohl nicht kämpfen", weiß auch Verstappen. "Aber dahinter ist es knapp und alles möglich."
Ferrari wird sich womöglich damit abfinden müssen, in Monaco nur die dritte Kraft zu sein. "Noch keine", hatte Sebastian Vettel auf die Frage, welche konkrete Hoffnung er auf eine Besserung der aktuellen Situation habe, zum Wochenstart knapp geantwortet. Bezeichnend: Vettels Hoffnungszipfel hat mit guter Technik nichts zu tun. "Monaco ist immer ein Rennen, bei dem alles passieren kann", bemühte er vielmehr Binsenweisheiten. "Es ist ein bisschen Roulette, deshalb bleibe ich optimistisch. Monaco schreibt eigene Gesetze."
Die Euphorie der guten Vorsaison-Tests in Barcelona ist bei den Italienern längst verflogen, stattdessen Ernüchterung eingekehrt. Selbst Neo-Teamchef Mattia Binotto hatte sich zuletzt bezüglich des SF90 ratlos gegeben. In Monaco bekam man zunächst die Reifen nichts ins Arbeitsfenster, Vettel und Lokalmatador Charles Leclerc klagten trotz vieler Änderungen über ein nervöses, rutschendes Auto. Dass der aktuelle Ferrari eine Fehlkonstruktion sei, bestritt Vettel natürlich. "Auf keinen Fall. Es gibt viele Autos, die hinter uns fahren. Die sind die Fehlkonstruktionen", wiegelte der Deutsche ab und beteuerte: "Wir haben ein gutes Auto."
Man müsse auch nicht großartig Antworten suchen, so Vettel. "Die Antwort ist, dass die Mercedes besser sind. Sind wir damit zufrieden? Die Antwort ist nein", zerredete Vettel das Thema ein wenig und versicherte: "Die Stimmung ist gut, das Team hat viel Erfahrung und die Motivation ist nach wie vor hoch." Der in Monaco mit einem Helm in Laudas seinerzeitigen Design fahrende Vettel ("So nehme ich ihn noch auf einige letzte Runden mit") weiß freilich auch um die zunehmende Ungeduld in Italien. "Wir wissen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt und dass es nicht über Nacht passiert. Ein gutes Ergebnis würde deshalb guttun."