Lewis Hamilton greift nach seiner vierten Formel-1-Weltmeisterschaft. Der Brite könnte den Titelgewinn bereits am Sonntag (21.00 Uhr MESZ/live ORF eins, RTL und Sky) im Grand Prix der USA fixieren. Drei Rennen sind danach noch ausständig. Ferrari-Rivale Sebastian Vettel muss bereits auf ein kleines Wunder hoffen, um der Scuderia noch ihren ersten Fahrer-WM-Titel seit 2007 bescheren zu können.

59 Punkte liegt Vettel vier Grand Prix vor Schluss hinter Spitzenreiter Hamilton. Sollte dieser in Austin gewinnen, müsste Vettel zumindest Fünfter werden, um die Titelparty aufzuschieben. Selbst ein zweiter Platz könnte Hamilton zum vorzeitigen Titel reichen - wenn Vettel nicht besser als Neunter wird und sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas nicht vor ihm gewinnt.

Hamilton hat vier der vergangenen fünf Rennen für sich entschieden. Als selbstverständlich will sein Team vor dem Showdown in Texas trotzdem nichts ansehen. "Wir gehen jedes Rennen mit einer gesunden Portion Skepsis und nicht mit Wunschdenken an", betonte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Unser Fokus muss darauf liegen, an diesem Wochenende in Austin jeden Punkt mitzunehmen, der in unserer Reichweite liegt."

Die jüngsten technischen Probleme bei Ferrari haben Mercedes in Fahrer- und Konstrukteurs-WM fast uneinholbar in Führung gebracht. Als Schlüssel sieht Wolff aber auch Hamiltons Formanstieg nach der Sommerpause. "Seitdem fuhr er in einer eigenen Liga", meinte der Wiener. "Es war beeindruckend, ihm dabei zuzusehen, wie er alles aus dem Auto herausholte und mit dem Team zusammenarbeitete, um Probleme zu lösen und sich noch weiter zu steigern."

Vettel dagegen wartet seit dem Ferrari-Heimrennen in Monza drei Rennen vergeblich auf einen Podestplatz. Zweimal kam er nicht ins Ziel - in Singapur nach einer Startkollision, in die auch Teamkollege Kimi Räikkönen verwickelt war, zuletzt in Japan wegen einer defekten Zündkerze. Dazwischen rettete der Deutsche mit einem Husarenritt in Malaysia nach Motorenproblemen zumindest Platz vier.

Aufgegeben hat Vettel nach all dem Pech der vergangenen Wochen noch nicht. "Was uns passiert ist, kann anderen jederzeit auch passieren. Es gleicht sich alles immer wieder aus", meinte der 30-Jährige. Vettel muss sich an die Hoffnung klammern, dass auch Hamilton vor Defekten oder Unfallpech nicht verschont bleibt. "Ich wünsche niemanden etwas Schlechtes, aber so läuft es halt im Rennsport", sagte Vettel.

Zuverlässigkeit als große Mercedes-Stärke

Mit derartigen Gedanken will sich Hamilton gar nicht erst beschäftigen. Die Zuverlässigkeit war auch in diesem Jahr eine der Stärken von Mercedes - auch wenn das Auto bei unterschiedlichen Bedingungen mitunter als schwer zu verstehende Diva galt. Hamilton will sich auf keine Experimente mehr einlassen. In Austin hatte er 2015 bereits seinen bisher letzten WM-Titel perfekt gemacht. Mit vier Triumphen in bisher fünf Auflagen ist er in Texas zudem Rekordsieger.

"Ich muss einfach so weitermachen und diese Leistungen abrufen. Dann gibt es keinen Grund für mich, etwas zu ändern", erklärte Hamilton. Mit 32 Jahren verfügt selbst der mitunter impulsive Engländer bereits über ausreichend Erfahrung - wenngleich er auch im WM-Finish zumindest kontrolliertes Risiko gehen will. Hamilton: "Wenn du manchmal nur ein bisschen vom Gas gehst, bereitest du dir mehr Probleme als du brauchst."

Sicher ist sich Hamilton seiner Sache noch nicht. "Es sind noch 100 Punkte zu vergeben, das ist eine Menge. Im Leben kann alles passieren", meinte der achtfache Saisonsieger. Hamiltons Hochform seit der Sommerpause - in diesen fünf Rennen holte er gleich 73 Punkte mehr als Vettel - lässt aber kaum noch an eine weitere Wende glauben. Auch wenn Vettel noch einmal die Stärke seines Teams beschwor: "Wenn das Tempo passt, dann können wir alles schaffen."