Während zwischen den WM-Kontrahenten Sebastian Vettel und Lewis Hamilton nach dem Eklat von Baku Eiszeit herrscht, musste Überraschungssieger Daniel Ricciardo einem jungen Mann das Dauergrinsen überlassen. Lance Stroll als Dritter hinter dem Australier sowie Mercedes-Ass Valtteri Bottas, das war die größte der vielen Überraschungen beim turbulenten zweiten Formel-1-Rennen in Baku.
Mit 18 Jahren ist der junge Kanadier seit Sonntag der jüngste Formel-Pilot, der es gleich in seiner Debüt-Saison auf das Podest geschafft hat. Während der 19-jährige Ricciardo-Teamkollege und Red-Bull-Jungstar Max Verstappen zum bereits vierten Mal in den vergangenen sechs Rennen ausfiel, bewies Williams-Pilot Stroll erneut Talent und Nerven.
Zwei Wochen nachdem der Milliardärs-Sohn beim Heimrennen in Kanada als Neunter erstmals in der WM gepunktet hatte, fuhr der Formel-3-Europameister von 2016 in Aserbaidschan erstmals auf das Podest. Fast wäre sich für den Sensationsmann im schnellen Williams sogar Platz zwei ausgegangen. Aber Bottas fing den Formel-1-Frischling nach Fotofinish auf dem Zielstrich noch ab.
"Es ist wirklich schwierig, darauf etwas zu sagen. Ich habe keine Worte", machte Stroll nach dem Rennen deutlich, dass er selbst nicht mit diesem Ergebnis gerechnet hatte.
Stroll war vergangene November als vermeintlicher Ersatz für Felipe Massa zu Williams gekommen. Als Mercedes nach dem überraschenden Rücktritt von Weltmeister Nico Rosberg aber die Dienste des damaligen Williams-Piloten Bottas benötigte, kehrte Massa zurück, um Stroll beizustehen.
Auch Massa hätte in Baku am Stockerl landen können, der Brasilianer fiel aber mit technischem Defekt aus. "Das Rennen war wirklich verrückt. Es ist so viel passiert und gleichzeitig ist alles so schnell gegangen", sagte Stroll kopfschüttelnd.
Viel Kritik in der Vorbereitung
Man hatte dem jungen Mann aus Montreal nach Ausfällen und Unfällen in den ersten drei Saisonrennen viel Kritik entgegen gebracht. Vor allem die Millionen seines schwer reichen Vaters Lawrence hätten ihm den Platz in der Motorsport-Königsklasse gesichert, munkelten viele.
Spätestens seit Baku weiß man, dass der Teenager mehr drauf hat und auch die Gunst der Stunde nützen kann, wenn es darum geht, die Nerven zu behalten. Gleich im achten Grand Prix fuhr er erstmals auf das Podest. "Es ist einfach großartig, hier zu stehen", strahlte Stroll.
Als dritter Kanadier nach Gilles und Jacques Villeneuve hatte Stroll in Montreal gepunktet, dasselbe gilt nun für das Podium. Auch Ricciardo gratulierte. "Gut gemacht, Bursche", sagte der Australier, der fest hielt: "Es war wirklich ein verrücktes Rennen. So eines, wie wir es eigentlich im Vorjahr erwartet hatten. Mit einem Sieg konnte ich einfach nicht rechnen."
Viele hätten an diesem Tag in Baku von dem Chaos mit vielen Unfällen und sechs Ausfällen profitieren können. Sowohl Massa als auch die superschnellen Force Indias von Esteban Ocon (6.) und Sergio Perez (out) hätten sich ohne Pech ganz vorne platzieren können.
Ocon egalisierte als Sechster zwar seine bisher beste WM-Platzierung. Ausgerechnet die Kollision mit seinem Teamkollegen beendete aber nach 37 Zielankünften in Folge die große Serie von Perez.
Während auch der schwedische Haas-Pilot Kevin Magnussen als Siebenter positiv auffiel, sorgte Fernando Alonso als Neunter für die ersten McLaren-Saisonpunkte. Der letzte Zähler ging an den Deutschen Pascal Wehrlein und das Sauber-Team, das in der Baku-Woche von der Entlassung der Teamchefin Monisha Kaltenborn erschüttert worden war.