Michael Andretti, Mitte der 90er-Jahre mit lediglich elf Rennen für McLaren einer der zahlreichen in der Formel 1 gescheiterten US-Amerikaner, hat bei seinem einzigen Monaco-Grand-Prix gesagt: "Wirklich gefährlich an Monaco ist nur, deine Frau mit der Kreditkarte aus den Augen zu lassen."
Wenn Mister Andretti wüsste. In den Straßen ist Monaco und das anachronistischste aller Formel-1-Rennen um nichts gefährlicher oder ungefährlicher, als es das immer schon war. Hinter den Leitplanken des mit 3340 Metern mit Abstand kürzesten aller Rundkurse des Formel-1-Kalenders hat sich die von Andretti angesprochene Gefahr des "Grand Prix von Monaco" mehrfach potenziert. Und zwar im Osten bis über Ventimiglia an der Grenze zu Italien, vor allem aber im Westen, entlang der Cote d'Azur, bis weit über Nizza und Cannes nach Saint Tropez hinaus.
Monegassische Kronkolonie
Beaulieu-sur-Mer zum Beispiel. Ein charmantes Hafenörtchen an der Küste zwischen Nizza und Monaco mit nur etwas über 3700 Einwohnern. Billig war es auch hier nie. Im Vergleich zur Preiswucherei in Monaco aber kam man einigermaßen über die Runden. Inzwischen dürfte Beaulieu zur monegassischen Kronkolonie geworden sein.
Die Preise sind knallartig explodiert. Wirtschaftskrise, Banken-Crashes und Milliardenlöcher, vor drei, vier Jahren auch zu Formel-1-Zeiten Thema, sind aus den Wortschätzen wieder gestrichen. In styligen Büros werden selbst noch so kleine Boote von 250.000 Euro aufwärts verkauft. Ferien-Immobilien, zugegeben sehr chick, mit Pool und Meerblick, sind schnell mit 1,5 Millionen angeschrieben.
Ein Gläschen um 12 Euro
Dann gibt es in Beaulieu, neben Bahnhof und Hauptstraße, auch ein "Ibis Styles"-Hotel. Ein grauslicher Betonklotz der untersten Kategorie der Billigkette. Zimmerpreis in der Grand-Prix-Woche pro Nacht: 350 Euro. In den Lokalen werden die Speisekarten neu und fast nur zweistellig geschrieben. Ein Gläschen Wein 12 Euro, kaum ein Bissen unter 25 Euro, das Fischchen zwischen 35 und 100 Euro. Gegen Monaco-Zentrum, für die 15-minütige Taxifahrt dorthin werden dir 65 Euro abgenommen, immer noch unteres Preisniveau.
Für 1000 Euro nächtigt man dort. Im Drei-Sterne-Haus und zu buchen nur für minimum fünf Nächte. In jeder besseren Adresse blättert man 5000 Euro für einmal Schlafen hin. Prost, Mahlzeit! Vielleicht bei einem Mineralwässerchen um 15 Euro? Oder doch im "Louis VX-Alain Ducasse" des "Hotel de Paris" mit "Saisonalem Club-Menü" um 145 Euro zu Mittag und Abends dem Feinschmecker-Dinner um 310 Euro?
Ein großer Käfig
Dabei ist Monaco nicht nur im Rennauto, mit 300 "Sachen" in der 30er-Zone, ein Anachronismus, sondern auch für die Menschen, die, und sei es nur für dieses eine Wochenende, hier leben. Nirgendwo sonst sind die Gitterzäune mehr und höher, die Stadt gleicht einem einzigen Käfig. Die Straßen sind 24 Stunden permanentverstopft. Sämtliche Parkgaragen quellen über.
Auch die Decks der schneeweißen Jachten, deren "Parkscheine" für die paar Formel-1-Tage von 30.000 Euro aufwärts kosten, sind überfüllt. Mit vielen Schönen, einigen Reichen, aber nicht nur Prominenten. Doch Konzernchefs und Top-Manager, die in Krisenzeiten nicht mit Monaco-Motiven auf Titelblätter wollten, drängen sich heute wieder in der ersten Reihe.
Der Kontrast
Müsste man den Kalender auf ein Rennen reduzieren, wir würden in Monaco fahren", sagt Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. Bei einem zweiten Grand Prix sollte man aber vielleicht auf Österreich beharren. Der Kontrast wird ein sehr erfrischender sein, wenn die Formel 1 in vier Wochen erstmals wieder nach Spielberg zurückkommt.
GERALD POTOTSCHNIG