Mit einer Dominanz, die in den vergangenen zwei Jahren nur den Titelkonkurrenten Red Bull und McLaren vorbehalten war, raste Carlos Sainz in Mexiko im Ferrari zum Sieg. Die Scuderia war wie schon in Austin nicht zu schlagen, an der Spitze diktierte der Spanier das Tempo und jubelte vor Lando Norris und Teamkollege Charles Leclerc über seinen vierten Grand-Prix-Sieg in der Motorsport-Königsklasse. „Das ist nicht in Worte zu fassen, einfach unglaublich. Ich habe die Fans im Auto gehört, anscheinend habe ich viele hier“, scherzte Sainz beim Siegerinterview. Gut möglich, dass die Scuderia ob seiner Mischung aus Talent und Charisma bereits die Entscheidung bereut, den Spanier ziehen zu lassen.
Denn derzeit läuft es nahezu perfekt für das Team von Chef Frederic Vasseur. Nach dem Doppelerfolg in Texas war es der zweite Sieg in Folge für den Traditionsrennstall aus Maranello, was sich auch in der so prestigeträchtigen Konstrukteurs-Weltmeisterschaft bemerkbar macht. Mittlerweile sind die Italiener an Red Bull vorbeigezogen und machen als neuer Zweiter Jagd auf den erstplatzierten McLaren-Rennstall. Gerade einmal 29 Punkte fehlen vier Rennen vor Schluss auf den Platz an der Sonne und das Momentum spricht klar für Ferrari. „Wir haben weiter Boden gut gemacht, genau so muss es weitergehen. Wir spüren, dass wir uns diesen Pokal holen können“, strotzt etwa Rennsieger Sainz vor Selbstbewusstsein.
Nachteil für Norris?
Das wiedergefundene Selbstbewusstsein bei den in der Vergangenheit oft kritisierten Italienern basiert vor allem auf der Entwicklung des Autos. Während es so schien, als würde der SF-24 im Sommer mit jedem Update langsamer werden, haben die Mannen in Maranello wohl den Fehler gefunden und das Auto perfekt adaptiert. „Wir haben mit dem Auto bereits in Monza einen großen Schritt gemacht. Das war jedoch noch nicht offensichtlich, denn Monza, Baku und Singapur sind sehr unterschiedliche Strecken“, antwortete Teamchef Vasseur auf die Frage, wo die derzeitige Pace herkommt. „Sobald wir zurück auf klassischen Rennstrecken waren, haben sich die Updates mit einem sehr guten Speed bezahlt gemacht.“
Und genau so eine klassische Rennstrecke folgt am Wochenende auch im brasilianischen Sao Paulo – der letzten Station des bisher äußerst erfolgreichen amerikanischen Tripleheaders. Aufgrund der aktuellen Form geht Ferrari mit breiter Brust in das Sprint-Wochenende und könnte im heißen WM-Kampf zwischen McLaren-Mann Norris und Weltmeister Max Verstappen zum Zünglein an der Waage werden. Denn für den Briten kommt das Comeback der Scuderia zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Soll der Premierentitel für Norris gelingen, muss der 24-Jährige in einem nicht mehr übermächtigen McLaren ans Limit gehen und wohl alle verbleibenden Rennen plus Sprint gewinnen. Beim derzeitigen Speed der Ferraris ein nahezu unmögliches Unterfangen. Und auch wenn Sainz und Norris als ehemalige Teamkollegen eine enge Freundschaft verbindet, wird der Spanier kaum den Unterstützer spielen. Zum einen geht es für seinen Rennstall noch um die Konstrukteurs-Krone, zum anderen will er noch so viele Rennsiege wie möglich einsammeln, bevor es in den nächsten Jahren mit Williams wohl seltener auf das Podium geht.