Schon Mitte der Woche hatte Sky-Experte Ralf Schumacher verkündet: Er wisse, dass Daniel Ricciardo in Singapur sein letztes Rennen im Racing Bull bestreiten werde, ab Austin und dann auch in der Saison 2025 werde Red Bull-Nachwuchsmann Liam Lawson im Auto sitzen. Ganz im Sinne von Red-Bull-Motorsportkoordinator Helmut Marko also, der seit einiger Zeit betont, man müsse wieder zurückfinden: Das „B-Team“ der Bullen solle wieder die Rolle übernehmen, den eigenen Nachwuchs auszubilden und für größere Aufgaben aufzubauen.
Doch obwohl die Entscheidung hinter den Kulissen schon gefallen sein soll, drucksten alle Beteiligten noch herum. Angefangen von Ricciardo selbst, der betonte, es sei „noch nichts entschieden“, es gebe „verschiedene Deadlines“, er gehe „immer noch davon aus, weiterfahren zu können“, einen vorzeitigen Abschied aber auch nicht ausschließen wollte. Sein Aus im Q1, während es Teamkollege Yuki Tsunoda bei der Pole Position von Lando Norris vor dem wiedererstarkten Max Verstappen auf Platz acht schaffte, dürfte eine Entscheidung gegen den Australier freilich nur unterstützen.
Racing-Bull-CEO Peter Bayer erklärte auf die Frage, ob es Ricciardos letzter Grand Prix sei: „Nein. Die Diskussionen laufen. Ursprünglich war die finale Entscheidung über die Fahrerpaarung 2025 Thema in der Sommerpause.“ Dann aber habe man versucht, „ein bisschen Zeit zu gewinnen“, und zwar für beide Teams. Ricciardo und auch Sergio Perez haben ihre Cockpits deshalb nach wie vor – vielleicht auch, weil Red-Bull-Teamchef Christian Horner in dieser Frage gerne eine etwas konservativere Linie fährt. Marko musste sich in Singapur fast auf die Zunge beißen: „Wir werden die Entscheidung nach Singapur bekanntgeben. Aber Ralf Schumacher hat sich ja fast als unser Pressesprecher deklariert. Aber dem kann ich derzeit noch nicht offiziell...“ sagte er und stoppte sich selbst, um neu zu starten: „Nochmals: Entscheidung nach Singapur.“
Jugend nach vorne: Eine Tendenz, die sich aktuell abzeichnet. Andere Teams sind im Moment sehr konsequent im Setzen auf eigenen Nachwuchs. Und das, nachdem der Sprung in die Formel 1 zuletzt eine ziemlich schwierige Angelegenheit war. Doch 2025 vertraut Mercedes dem gerade 18-jährigen Supertalent Kimi Antonelli die Nachfolge von Lewis Hamilton im Silberpfeil zu. Ferrari-Junior Oliver Bearman hat seinen Platz bei Haas ebenso bereits sicher wie Jack Doohan seinen bei Alpine.
Dass die Jungen bereit sind, zeigte nicht nur Bearman bei seinen beiden Einsätzen für Ferrari und Haas. Auch die Vorstellungen von Franco Colapinto im Williams als Ersatz für Logan Sargeant sind eindrucksvoll: Der 21-jährige Argentinier fährt konstant nahezu auf dem Niveau von Alex Albon, auf dem schwierigen Stadtkurs von Singapur lag er im Qualifying nur sieben Tausendstel zurück, aber noch vor Sergio Perez im Red Bull. Und damit empfahl sich Colapinto als Anwärter auf das noch freie Cockpit bei Audi-Sauber neben Nico Hülkenberg, zusammen mit dem aktuell Führenden der Formel 2, Gabriel Bortoleto. Der Brasilianer wird von Fernando Alonso gemanagt, ist bereits Mitglied des McLaren-Nachwuchskaders, würde vom Papaya-Team aber die Freigabe bekommen. Denn McLaren hat seine Cockpits auf absehbare Zeit vergeben.
Doch trotz dieses Top-Angebots an Nachwuchspiloten und der „jungen Welle“ verdichteten sich in Singapur die Gerüchte, dass man bei Audi noch einmal auf Routine setzt und den 35-jährigen, zuletzt nicht immer sonderlich motivierten Valtteri Bottas verlängert. Das versteht im Fahrerlager kaum jemand. „Ich kann das nicht nachvollziehen“, meinte Ralf Schumacher. „Ich hoffe wirklich, dass das nicht passiert. Es hat sich doch jetzt eindeutig gezeigt, dass man auf die Jugend setzten muss.“
Karin Sturm