Je stärker McLaren wurde, je mehr Red Bull zu schwächeln begann und der WM-Titelkampf an Spannung gewann, desto heißer wurden die sogenannten „Papaya-Regeln“ diskutiert. Diese besagten bis jetzt, dass Lando Norris und sein Teamkollege Oscar Piastri in jedem Rennen auf Sieg fahren dürfen – Stallorder gebe es de facto also nicht. Zuletzt in Monza nutzte das der Australier, um noch in der ersten Runde den britischen Titelaspiranten hart zu attackieren. Am Ende wurde Piastri Zweiter hinter Charles Leclerc, Norris nur Dritter. Erneut verlorene Punkte in Kampf um die WM.

Schon kurz nach dem Rennen im königlichen Park kamen Diskussionen auf, Teamchef Andrea Stella liebäugelte mit einer Kursänderung. Nach langen internen Gesprächen bestätigte der Italiener dann vor Baku: „Ohne unsere Prinzipien zu verletzen, gilt ab sofort unsere Unterstützung vorwiegend Lando. Grundlegend gilt – das Team kommt zuerst. Wir wollen den Piloten gegenüber fair sein, aber so etwas wie in Monza darf nicht nochmals vorkommen.“ Als Rennstall habe man beide WM-Titel als Ziel ausgegeben, aber „ohne dabei rücksichtslos vorzugehen.“ Die neuen „Papaya-Regeln“ gelten vorerst für Aserbaidschan und Singapur, danach wird die Situation im Titelkampf neu bewertet.

Piastri als Nummer zwei?

Ob die neuen Vorgaben auch wirklich bei den Fahrern angekommen sind, wird man bereits am Wochenende auf dem spektakulären Stadtkurs in Baku sehen. Piastri hielt fest: „Als Rennfahrer bist du Egoist, und wenn eine Stallorder gegen dich läuft, dann macht das gewiss keinen Spaß. Aber ich weiß natürlich, dass wir das größere Bild im Auge behalten müssen.“ Es sei wichtig, dass „Vertrauen und Respekt“ nicht verloren gehen, auch in hart umkämpften Situationen. Pikant: Der Manager von Piastri ist dessen Landsmann Mark Webber, der ja in seiner Red Bull-Zeit gemeinsam mit Sebastian Vettel auch in so einige Diskussionen zum Thema Teamorder involviert war – und bei den internen McLaren-Gesprächen mit am Tisch saß.

Papaya-Kollege Norris möchte jedenfalls nichts geschenkt bekommen. „Vielleicht kommt es am Ende so, dass er mir gar nicht helfen muss. Wenn er um einen Sieg kämpft und den auch verdient, dann darf er ihn behalten. Die mögliche Hilfe betrifft eher die Positionen dahinter.“ Der 24-Jährige möchte „unter Beweis stellen, dass ich der beste Fahrer bin. So will ich Weltmeister werden, nicht anders.“ Dafür gilt es Max Verstappen im Red Bull zu schlagen. Der Niederländer ließ seinerseits keine Gelegenheit aus, um noch etwas Öl ins interne McLaren-Feuer zu gießen: „Aus Oscars Sicht ist er sicher näher dran an Lando, als Lando an mir. Aber das ist ihre Sache“, sagte der amtierende Weltmeister. „Ich denke nicht, dass Oscar ein Nummer zwei Fahrer ist.“