Lewis Hamilton und Silverstone – das ist eine besondere Liebesbeziehung und das seit mittlerweile 16 Jahren. Am 6. Juli 2008 jubelte ein damals 23-jähriger Brite zum ersten Mal über den Heimsieg, „mit mehr als 65 Sekunden Vorsprung, das war unglaublich“, erinnerte sich der mittlerweile siebenfache Champion zurück. In diesem Jahr folgte der neunte Erfolg auf der legendären Strecke in West Northamptonshire und dieser dürfte für den 39-Jährigen wohl ähnlich speziell gewesen sein wie der erste. Mit neun Erfolgen ist er alleiniger Rekordhalter – kein Fahrer hat je öfter auf einer Strecke gewonnen. Zudem bedeutet sein 104. GP-Sieg, dass er der erste Fahrer ist, der nach seinem 300. Grand Prix in der Formel 1 auch ein Rennen gewinnen konnte.
An einem turbulenten Sonntag mit Regen und engen Kämpfen an der Spitze blieb der Brite eiskalt, profitierte in der Schlussphase ein wenig von einem verpatzten Boxenstopp des Drittplatzierten Lando Norris und hielt auch Max Verstappen in Schach, der auf Platz zwei fuhr. Schon auf der Auslaufrunde schnappte sich Hamilton den „Union Jack“ und konnte seine Emotionen nicht zurückhalten. Mit seinem Vater Anthony im Arm flossen vor der Siegerehrung Tränen. „Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal geweint habe. Das ist einfach so speziell. Es gab so viele Momente, an denen ich gedacht habe, dass es nie wieder passieren wird“, zeigte sich Hamilton ungewohnt emotional.
Ein Märchen
Vor allem der Zeitpunkt sei ein spezieller. Ausgerechnet in der letzten Saison bei Mercedes, wo er seit 2013 sechs WM-Titel gewann, reichte es zum Heimsieg in Silverstone. Für Hamilton war es der erste GP-Sieg seit Saudi-Arabien 2021, nach 945 Tagen. „Es hat Tage gegeben, an denen ich mich gefragt habe, ob ich noch gut genug bin, ob ich das Ganze noch schaffe“, ließ der Rennsieger tief blicken. „Es gibt kein besseres Gefühl, als hier zu gewinnen, bei meinem letzten Heimrennen für Mercedes. Ich werde ihnen immer dankbar sein“, strahlte Hamilton, der ab der kommenden Saison für Ferrari an den Start gehen wird. „Es ist wie ein kleines Märchen“, fasste es Mercedes-Teamchef Toto Wolff zusammen. „Ich glaube, dass unsere gemeinsame Geschichte hier in England so zu Ende geht, ist ganz wichtig. Für ihn und das gesamte Team.“
Die „Silberpfeile“ sind mit dem zweiten Sieg in Serie endgültig zurück an der Spitze, auch wenn Spielberg-Sieger George Russell sein Auto mit technischen Problemen abstellen musste. „Im letzten Rennen haben wir profitiert, heute haben wir unter fast allen Bedingungen kontrolliert. Das zeigt, dass wir jetzt auch ganz vorne mit dabei sind“, gibt sich Wolff selbstbewusst.
Hamilton ist der sechste Sieger im zwölften Saisonrennen, so ausgeglichen war die Formel 1 schon lange nicht. Vor allem, da Red Bull weiter zu kämpfen hat. Während McLaren in Silverstone als wohl stärkstes Team erneut patzte und so den Sieg verschenkte, mahnte Weltmeister Verstappen nach einem herausfordernden Rennen abermals: „Wir sind zu langsam. So können wir am Ende die Meisterschaft nicht gewinnen. Wenn es so weitergeht, wird es noch eine ganz schwierige Saison.“ Für Teamkollege Perez ist es ohnehin schon ein Kampf um das Cockpit. Trotz Vertragsverlängerung mehren sich die Rufe nach einem Wechsel beim Weltmeisterteam. In Silverstone schloss der Mexikaner ein völlig verpatztes Wochenende auf dem enttäuschenden 17. Platz ab.