Sport lebt von Emotionen. Von Freude, Trauer, Verzweiflung, Hoffnung – genau das durchlebten nicht nur die Zehntausenden Fans von Max Verstappen und Lando Norris auf den Tribünen, sondern wohl auch die zwei Ausnahmefahrer selbst hinter dem Lenkrad. In Österreich gipfelte die jüngste Rivalität der Formel 1 in einem dramatischen Rennende, das George Russell zum lachenden Dritten – zum Rennsieger – machte.

Es sind Momente wie diese, die in Erinnerung bleiben, wie der Abflug Verstappens 2021 in Silverstone nach Kontakt mit Lewis Hamilton oder der interne Crash der „Silberpfeile“ 2016 in Barcelona, der den damals 18-jährigen Niederländer zum jüngsten GP-Sieger aller Zeiten machte. Während bei diesen Beispielen schon eine gewisse Spannung im Vorfeld zu spüren war, passierte der „Showdown von Schönberg“ völlig überraschend. Denn eigentlich hatte der amtierende Weltmeister in Spielberg alles unter Kontrolle, fuhr von der Pole Position dem vermeintlich leichten Sieg entgegen. Doch dann schlichen sich im sonst so perfekt geführten Bullenstall Probleme ein – oder wie es Verstappens selbst beschrieb: „Wir haben auf unserer Seite zu viele Fehler gemacht, auch in der Strategie. Und die Boxenstopps waren eine totale Katastrophe.“

Konkret sprach er damit seinen zweiten Stopp an, der mit einer Standzeit von mehr als sechs Sekunden den Kampf um den Sieg erneut entfachte. Norris roch die Chance, in einem eigentlich schon entschiedenen Rennen noch zum Spielverderber der „Orange Army“ zu werden und attackierte härter. Verstappen wirkte plötzlich angespannt und verteidigte sich mit allen Mitteln.

Mit jeder Runde nahm die Härte und die Anzahl der Beschwerden am Boxenfunk zu – bis es Norris in Runde 64 reichte. In Kurve drei, direkt vor der Schönberg-Geraden, versuchte er es über die Außenseite und fand in Verstappen keinen Unterstützer dieser Idee. Der Niederländer blieb stur auf seiner Linie, ließ dem Briten kaum Platz und unter dem Raunen der Zehntausenden Fans am Ring krachte es so richtig. „Ich habe einen harten Kampf erwartet, auch diese Aggressivität. Und dass wir die Grenzen ausloten werden“, fasste Norris zusammen. „Es war rücksichtslos und in gewisser Weise auch verzweifelt von ihm auf der Innenseite. Das war nicht notwendig, aber auch nicht überraschend.“

Die Streithähne, die abseits der Strecke als gute Freunde gelten, schenkten sich auch Sekunden darauf nichts. So lange sich das Drama aufgebaut hatte, so schnell war es vorbei. Norris war aus dem Rennen, Verstappen blieb nach einer Strafe von zehn Sekunden und dem nötigen Boxenstopp nur Platz fünf – zum Entsetzen seiner Anhänger. „Du willst natürlich nicht, dass so etwas passiert“, sagte der 26-Jährige zur Szene und verstand die Bestrafung durch die FIA nicht. „Für mich ist das hart, da ich nicht das Gefühl hatte, dass es ein aggressives Manöver war.“ An der gemeinsamen Freundschaft würde dieses Duell nichts ändern, betonte er: „Wir werden uns das ausreden. Jetzt ist aber nicht der richtige Zeitpunkt dafür.“ Ob dies gelingt, ist offen, polterte Norris doch im TV: „Wird die Freundschaft zwischen Max und mir enden? Ich weiß es nicht, es wird von ihm abhängen und davon, wie er das erklärt.“