Manche Erinnerungen verblassen irgendwann. Nur markante Ereignisse erweisen sich als gedankliche Leuchttürme, bleiben präsent. Etwa durch herausragende sportliche Erfolge bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften. Wie etwa die Gold-Fahrt von Franz Klammer auf dem Patscherkofel bei Innsbruck 1976. Oder Formel-1-Rennen, die niemand vergisst. Ein solcher Moment war für Österreich, aber auch für Niki Lauda selbst, dessen Triumph auf dem alten Österreich-Ring 1984. Eine ganze Nation fieberte mit, die meisten vor TV-Geräten. Rund 100.000 aber pilgerten nach Zeltweg. Und während die Fans mit „Cinzano“ (ein italienischer Wermut) in Sonderzüge gelockt wurden, um ein Verkehrschaos zu vermeiden, das aber nicht zu verhindern war, hatte die Formel 1 eine Luftbrücke. Per Hubschrauber wurden die Reichen, Schönen, VIPs und die Piloten selbst an den Wörthersee chauffiert, wo ausgiebig gefeiert worden ist.

Lauda hielt sich wie üblich von jeglichem Treiben fern, zeigte sich in diesem außerordentlich heißen August 1984 fokussiert. Denn die große Karriere von „Niki Nazionale“ neigte sich allmählich dem Ende zu, der Österreich-Ring brachte ihm bislang kein Glück. Wollte er die Chance auf den Weltmeistertitel (gegen Alain Prost) wahren, musste er in der Steiermark zumindest aufs Podest. Und so lauerte Lauda nach dem Qualifying auf dem vierten Platz. Es waren aber nicht nur die Ambitionen des bis dahin zweifachen Weltmeisters, die diesen Grand Prix eine so elektrisierende Atmosphäre gaben. Auf dem 5,942 Kilometer langen Kurs waren neben dem damals 35-Jährigen auf McLaren-Porsche-Turbo noch Jo Gartner (Osella-Alfa-Romeo) und erstmals in der Formel 1 auch Gerhard Berger (ATS-BMW) am Start.

Der Rennverlauf spielte Lauda in die Karten. In der 29. Runde drehte sich Prost auf einem Ölfleck ins Aus. Und der Österreicher übernahm von Nelson Piquet elf Runden vor Schluss die Führung. Was keiner wusste: Im McLaren erlebte Lauda dramatische Szenen. In seinem Getriebe krachte es, der dritte Gang ließ sich nicht mehr einlegen. Daher habe er im Getriebe „herumgestochert“ - und tatsächlich noch einen vierten und einen fünften Gang gefunden. „Die Dritte war hin, normalerweise zerbröselt dann das ganze Getriebe.“

Eigentlich wartete er nur darauf, von Piquet überholt zu werden, doch der Brasilianer dachte an einen Bluff. „Der Piquet hat mich nicht überholt, weil er geglaubt hat, ich spiele mit ihm“, sagte Lauda mit einem verschmitzten Lächeln, der nach 51 Runden als Sieger förmlich ins Ziel stolperte. „Er hat gedacht, ich fahre extra langsam, das war mein Glück. Das Rennen hätte er mit Links gewonnen.“ Auf dem Podium habe er dann den Brasilianer aufgeklärt. „Danke vielmals, habe ich gesagt.“ Ausgeprägte Flüche waren die Antwort, sie gingen im frenetischen Jubel der rot-weiß-roten Fans unter. Und Lauda wird später sagen, dass dieses Rennen wohl ausschlaggebend gewesen sein soll, auf dem Weg zu seinem drittel WM-Titel, den er mit 0,5 Punkten vor Prost eroberte. „Die Art und Weise des Sieges war das Besondere. Das Auto war praktisch hinüber“, schilderte er. „Es war ein unglaubliches Gefühl.“

Später wurde auf dem umgebauten A1-Ring eine Kurve nach Niki Lauda benannt, um an solche Momente, aber vor allem an die hollywoodreife Karriere zu erinnern, sie zu ehren. Für „Brösel“ sorgte 2014 der Verkauf der Kurvennamen an zahlungskräftige Sponsoren unter Besitzer Red Bull und Dietrich Mateschitz. „Ich bin schon schwer enttäuscht“, meint der damals 65-Jährige. Es sei doch etwas ungewöhnlich, jemandem ein Denkmal zu Lebzeiten wieder wegzunehmen. Gutzumachen sei das alles nur, „wenn sie künftig zwei Kurven nach mir benennen“, so Lauda. Er erlebte das nicht mehr. Einen Monat nach seinem Tod, im Juni 2019, wurde die erste Kurve nach der Start-Ziel-Gerade nach ihm benannt. Laudas großer Tag in Spielberg wird aber so oder so von Fortbestand sein.