Das Höhepunkt des Jahres, der Grand Prix, der weltweit die meiste Aufmerksamkeit erzielt, Spielwiese der Champagner trinkenden Prominenz, die für die Flasche Edelbrause in den angesagten Nachtclubs schon mal ein paar Tausend Euro springen lässt, wo sich Multimillionäre und Milliardäre mit ihren Jachten im Hafen gegenseitig überbieten wollen – das ist die eine Seite.
Die andere liegt in der immer noch extremste Herausforderung für die Fahrer: Der Monaco-GP ist das Rennen, wo auch die Fans auf den Tribünen gerade an bestimmten Stellen der Strecke wie am Schwimmbad eindrucksvoll vorgeführt bekommen, wie extrem die heutige Formel 1 mit ihren Geschwindigkeiten wirklich noch ist: All das ist der Grand Prix von Monaco .Zum ersten Mal ausgetragen 1929, in diesem Jahr zum 70. Mal im Rahmen der Formel-1-WM gefahren, kann das Rennen im Fürstentum auf eine lange Geschichte zurückblicken. Und natürlich auch auf viele Veränderungen im Laufe der Zeit. Nicht nur an und auf der Strecke, sondern auch in der Party-Welt. Bis 2022 gab es ja sogar den trainingsfreien Freitag, um mehr Zeit für die Festivitäten zu haben, stattdessen wurde schon am Donnerstag gefahren. Inzwischen fiel dieser Luxus freilich dem immer dichter gedrängten Formel-1-Kalender zum Opfer.
Ungewisse Zukunft
„Wie Hubschrauber fliegen im Wohnzimmer“, so beschrieb einst der dreimalige Weltmeister Nelson Piquet das ganz spezielle Monaco-Feeling, den Kampf in den Straßenschluchten des Fürstentums. Die Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit der Fahrer sind enorm. Der kleinste Fehler führt normalerweise Feindberührung mit den Streckenbegrenzungen und dem Aus. Der Aufbau der Rennstrecke dauert alljährlich doppelt so lange wie der Abbau – jeweils sechs und drei Wochen. Die vielen tausend Einzelteile, Tribünen, Leitplanken, Zäune etc., sind, Stück für Stück nummeriert, in Lagerhäusern rund um Monaco untergebracht. Verbaut werden 33 Kilometer Leitplanken, 20.000 Quadratmeter Fangzäune, 1100 Tonnen Tribünen und 3600 Altreifen.
Im Laufe der 78 Rennrunden auf der 3,337 Kilometer langen Strecke, der kürzesten im GP-Kalender, sind es 1482 Kurven, davon 624 nach links und 858 nach rechts, die bewältigt werden müssen, das heißt auch 4290-mal schalten auf der Fahrt mit fast 300 km/h Höchstgeschwindigkeit durch die Häuserschluchten. Wie lang es dieses Spektakel in der Formel 1 noch zu bestaunen gibt, ist aber unklar. Der Vertrag mit der Formel 1 läuft nur noch bis ins Jahr 2025, eine Verlängerung ist alles andere als fix. Schon in den vergangenen Jahren gestalteten sich die Verhandlungen über die Zukunft des Klassikers als äußerst schwierig. Denn am Renntag fehlt bei trockenen Verhältnissen die Spannung. Mit dem Qualifying ist der Grand Prix praktisch entschieden, gestaltet sich das Überholen mit den großen und breiten Autos der heutigen Zeit noch schwieriger als sonst. Umbauarbeiten an der Strecke werden vom Veranstalter kategorisch abgelehnt, weshalb die Zukunft mehr als ungewiss ist. Vor allem, da mit Chicago, Nizza und Bangkok namhafte Städte in die Formel 1 drängen.
Karin Sturm