Die Formel 1 hat nach einem ganzen Jahr mit nur zwei Gewinnern wieder ein neues Siegergesicht. Lando Norris setzte sich am Sonntag in Miami vor WM-Titelverteidiger Max Verstappen im Red Bull und Ferrari-Pilot Charles Leclerc durch und sorgte damit für den ersten McLaren-Sieg, seitdem Daniel Ricciardo 2021 in Monza triumphiert hatte. Der Brite gewann seinen ersten Grand Prix auch dank einer unbeabsichtigten Hilfeleistung durch das Safety-Car kurz nach Hälfte der Renndistanz.
„Wir haben es geschafft!“, rief Norris, als er die Ziellinie überquert hatte. „Es war schon Zeit. Was für ein Rennen. Es hat lange gedauert, endlich konnte ich es für mein Team tun und für sie liefern.“ Viele Leute hätten an ihm gezweifelt, sagte der 24-Jährige aus Bristol und dankte seinen Eltern und seiner Großmutter, der er den Sieg widmete. „Ich habe schon am Freitag gewusst, dass wir die Pace haben. Heute haben wir es geschafft, es zusammenzufügen. Wir hatten die perfekte Strategie.“
McLaren-Teamchef Andrea Stella gab zu: „Wir wussten, dass das Auto schnell ist, aber es ist eine kleine Überraschung.“ Außer sich vor Freude war McLaren-CEO Zak Brown. „Ich habe keine Stimme mehr. Das Team hat perfekt abgeliefert. All die Leute in der Fabrik haben ein sehr schnelles Rennauto gebaut, es ist toll zu sehen, wie das alles aufgeht“, meinte der US-Amerikaner. „Das Safety-Car hat sicher geholfen, aber er hat das sowieso alles in sich gehabt“, sagte er über Norris.
Verstappen gab sich als fairer Verlierer. „Man gewinnt, man verliert – das sind wir alle aus dem Rennsport gewohnt. Heute war es einfach schwierig, selbst auf den Medium-Reifen kamen wir nicht weg. Sobald sie auf den harten Reifen gewechselt haben, waren sie schnell. Wenn ein schlechter Tag Platz zwei bedeutet, dann nehme ich das“, sagte er und gratulierte. „Ich freue mich für Lando. Es hat lange auf sich warten lassen und es wird nicht sein letzter sein. Er hat es heute verdient.“
Beim Start des sechsten Saisonlaufs war für Verstappen noch alles in Ordnung. Er behielt die Führung vor Leclerc, der in der vierten Runde von Oscar Piastri im zweiten McLaren überholt wurde. Auch der Australier hatte anschließend aber keine Chance gegen Verstappen, der bereits enteilt war.
Um einen von Verstappen umgestoßenen Leitpfosten von der Fahrbahn entfernen zu können, wurde in der 23. Runde ein kurzer Einsatz des virtuellen Safety-Cars ausgerufen. Danach ließ Verstappen den ersten Reifenwechsel durchführen. Piastri verlor seinen Platz nach seinem Boxenstopp an Leclerc, fiel später nach einem Schaden am Frontflügel noch weiter zurück und wurde schließlich nur 13.
Als nach einem Crash von Lokalmatador Logan Sargeant im Williams das Safety-Car tatsächlich auf die Strecke musste, passierte ein Fehler: Das Auto setzte sich vor den jetzt zweitplatzierten Verstappen und nicht vor den Führenden Norris, der als Letzter der Spitzengruppe in die Boxengasse abbog. Da er im Gegensatz zu Verstappen nicht vom Safety-Car eingebremst wurde, kam er sozusagen zu einem „Gratis-Stopp“ und blieb vor dem Niederländer. Auch nach der Wiederaufnahme des Rennens hielt der Brite Verstappen mit frischeren Reifen hinter sich – über 20 Runden waren noch zu fahren.
„Ich kann das Auto nicht zum Einlenken bringen. Ein Desaster“, schimpfte der WM-Leader zwischendurch. 14 Runden vor Schluss hatte er knappe vier Sekunden Rückstand – und ließ noch weiter abreißen. Norris kam so zu seinem ersten Sieg, Verstappen konnte sich immerhin damit trösten, dass die WM-Führung auf seinen Teamkollegen Sergio Perez weiter anwuchs. Der Mexikaner kam auf dem fünften Platz hinter Carlos Sainz im zweiten Ferrari ins Ziel, da der Spanier wegen einer Kollision mit Piastri aber noch eine Fünf-Sekunden-Strafe erhielt und um einen Rang abrutschte, liegt Perez nun 33 Punkte hinter Verstappen. Leclerc hat vor dem nächsten Rennen in Imola 38 Punkte Rückstand.
Lewis Hamilton holte für Mercedes den sechsten Platz, Teamkollege George Russell wurde Achter. Der Japaner Yuki Tsunoda (Racing Bulls) als Siebenter sowie Fernando Alonso (Aston Martin) und Esteban Ocon (Alpine) komplettierten die Top Ten.
Im Promi-Auflauf rund um das Rennen – u. a. wanderten Zinédine Zidane, FIFA-Präsident Gianni Infantino, Lindsey Vonn, Football-Profi Odell Beckham Jr., Musiker will.i.am und Filmproduzent Jerry Bruckheimer durch die Menge – stach Ex-US-Präsident Donald Trump heraus, der im November erneut als Staatsoberhaupt gewählt werden könnte. Der Auftritt des in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verstrickten Politikers durch die McLaren-Garage wurde von Buh-Rufen, aber auch Applaus von den Rängen begleitet. „Die sind farbengleich“, spielte Mercedes-Boss Toto Wolff im ORF-Interview auf die McLaren-Teamfarbe und Trumps Haarpracht an.