Eine Suspendierung von Motorsportberater Helmut Marko beim österreichisch-britischen Formel-1-Rennstall Red Bull Racing wird es vorerst nicht geben. Der 80-jährige Steirer habe am Samstag vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien ein „sehr gutes Gespräch“ mit dem zuständigen Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff geführt, wie Marko im ORF-Interview bestätigte. „Die einheitliche Meinung ist, ich bleibe. Aber wir müssen Ruhe ins Team bringen“, betonte Marko.
Als Grund für die mögliche Suspendierung stand im Raum, dass Marko diverse Chat-Protokolle und Fotos in der Causa um Teamchef Christian Horner geleakt haben soll. „Das ist absoluter Schwachsinn. Ich bin heilfroh, wenn ich mein iPhone halbwegs im Griff habe. Ich habe weder diesen Bericht noch einen dieser Chats gesehen. Da habe ich mich bewusst rausgehalten“, sagte der Grazer und sprach von einer „generalstabsmäßigen Aktion“, ihn damit in Zusammenhang zu bringen. „Hirnrissig, wie Lauda sagen würde.“
Es sei nun geplant, dass Marko die Rekordsaison mit 24 Rennen vollständig in seiner Tätigkeit beim Austro-Rennstall begleiten wird. Die Gespräche mit dem Motorenlieferanten Ford, der Klarheit in der ganzen Angelegenheit fordert, seien Aufgabe von Mintzlaff, sagte Marko. Zu einem möglichen Imageschaden für Red Bull im „Stellvertreterkrieg“ zwischen der thailändischen und österreichischen Seite des Unternehmens wollte sich Marko nicht äußern. „Ich bin fürs Sportliche zuständig. Diese eventuellen Auswirkungen, da hoffe ich, dass sie nicht da sind.“
Zerfällt das Team? Marko: „Ich hoffe es nicht“
Auf die Frage, ob das Team während der laufenden Saison noch zerfallen könnte, antwortete Marko: „Ich hoffe es nicht. Wenn wir alle in Richtung WM arbeiten, sind wir beschäftigt genug und das sollte dann die entsprechende Beruhigung bringen.“ Auch einen Abgang zu Mercedes gemeinsam mit Max Verstappen schloss er derzeit aus, auch wenn ihm Mercedes-Boss Toto Wolff am Freitag seinen Respekt ausgesprochen hatte. „Ich habe die Kommentare von Toto gelesen. Ich bin sehr dankbar, was er da anbietet. Aber derzeit brauche ich noch nicht davon Gebrauch machen.“
Am Freitag hatte Marko seine mögliche Suspendierung in Interviews angedeutet. „Die theoretische Möglichkeit besteht immer“, hatte Marko gesagt, letztlich würde er aber selbst entscheiden, was er mache. Marko war ein enger Vertrauter des verstorbenen Red-Bull-Gründers Dietrich Mateschitz und entdeckte Triple-Weltmeister Verstappen. Dieser stärkte ihm den Rücken. Der Niederländer habe jedes Jahr gesagt, „das wissen sie auch alle bei Red Bull, dass für mich selbst der Helmut immer dabei sein muss“. Und wenn nicht: „Dann haben wir vielleicht ein großes Problem im Team.“
Verstappens Vater Jos befeuerte den ohnehin schon eskalierten Machtkampf unterdessen weiter. Zu einem von Horner geforderten Schlussstrich nach dessen Affäre um Vorwürfe unangemessenen Verhaltens durch eine Mitarbeiterin, sagte Jos Verstappen der britischen Daily Mail: „Ich denke, dafür ist es nun ein bisschen zu spät. Wenn es das ist, was er will, fein. Aber ich denke nicht, dass das möglich ist.“ Viel mehr wolle er nicht sagen, es würde nur Probleme auslösen, betonte er.
Schlammschlacht zwischen Horner und Marko
Die Probleme sind aber längst da, der Machtkampf zwischen Horner und Marko ist zur öffentlichen Schlammschlacht geworden. Ein Ausweg ohne noch größere Schäden aus der festgefahrenen Situation scheint schwer möglich. „Ich habe bereits gesagt, dass es Probleme gibt, wenn er bleibt“, sagte Jos Verstappen mit Blick auf Horner. „Ich denke, es ist zu spät für Christian zu sagen: ‚Lasst mich in Ruhe.‘“ Horner habe aber die Unterstützung der thailändischen Mehrheitseigner des Mutterkonzerns Red Bull, der Familie Yoovidhya.
„Daher denke ich, dass er bis zum Ende der Saison bleibt.“ In derselben britischen Zeitung hatte Jos Verstappen vor einer Woche davor gewarnt, dass das Team explodieren könnte, sollte Horner bleiben. All die Dinge, die vor sich gehen würden, hätten auch einen Einfluss auf seinen Sohn, meinte Jos Verstappen nun.
Die Beschwerde einer Mitarbeiterin gegen Horner war nach einer unabhängigen Untersuchung von Red Bull abgewiesen worden, ehe einen Tag später E-Mails ausgewählte Adressaten im Fahrerlager erreichten, mit einem Link zu Dateien zu der pikanten Angelegenheit. Wer diese E-Mails verschickt und die Informationen weitergegeben hat, ist nach wie vor unklar.