„Es war schon nach den Testfahrten zu befürchten, jetzt ist es bittere Realität“, bilanzierte Alpine-Fahrer Esteban Ocon den desaströsen Saisonstarts seines Teams beim Großen Preis von Bahrain in der Formel 1. Das Renault-Werksteam kam zum Auftakt nicht über die Plätze 17 und 18 hinaus und musste ordentlich Kritik einstecken. Vor Jahren noch ein aufstrebendes Team mit zukünftigen Titelambitionen, sind die Franzosen mittlerweile am Ende des Feldes gelandet – ohne wirkliche Aussicht auf Besserung.
Das Auto wirkte im ersten Rennen schwer, langsam und behäbig. Und das, obwohl der französische Rennstall im Winter alles über den Haufen warf. Der Bolide wurde von vorne bis hinten neu entwickelt, „nur das Lenkrad blieb gleich“, sagte Teamchef Bruno Famin noch bei der Präsentation. Ein mutiger Schritt, der aber in die falsche Richtung führte und nun auch seine ersten Opfer mit sich bringt. Am Montag wurden die Rücktritte von Technik-Chef Matt Harman und Aerodynamik-Chef Dirk de Beer bekannt, die Entscheidung sei schon vor der Präsentation des neuen Autos gefallen. Aus dem Duo wird ein Trio, übernehmen ab sofort Joe Burnell, David Wheater und Ciaron Pilbeam die technische Führung.
Die jüngsten Abgänge sind nur die Spitze einer turbulenten Entwicklung. Im Vorjahr wurde CEO Laurent Rossi versetzt, in Folge Teamchef Otmar Szafnauer gefeuert. Nun könnte die anhaltende Erfolgslosigkeit weitaus schwerwiegendere Konsequenzen haben. Mit dem technischen Duo sollen auch einige Mitarbeiter das sinkende Schiff verlassen haben. Es rumort also gehörig in Frankreich, sogar die Zukunft in der Formel 1 scheint gefährdet. Die Strukturen im Traditionsteam sind veraltet, die Entwicklung schreitet auch auf Motorenseite nur langsam voran. Hinzukommt der Fakt, dass Renault der einzige Hersteller ist, der kein anderes Kundenteam ausrüstet und somit auch keine finanzielle Unterstützung diesbezüglich erhält.
In den vergangenen Jahrzehnten stieg Renault immer wieder aus der Motorsport-Königsklasse aus, um einige Jahre später wieder zurückzukommen. Dass es in naher Zukunft tatsächlich erneut zu einem Ausstieg kommt, ist aufgrund der jüngsten Entwicklungen aber nahezu ausgeschlossen. Teams sind in der Formel 1 mittlerweile mehr als rentabel, dank Budgetobergrenze, Fan-Interesse und dem weltweiten Boom verdienen die Hersteller an ihren Rennställen. Hinzu kommt, dass Alpine erst im vergangenen Jahr Anteile an Promis aus aller Welt verkaufte und so für Aufmerksamkeit sorgte. Die Marke wird der Motorsport-Königsklasse also wohl erhalten bleiben, nur einige bekannte Gesichter könnten sich in den nächsten Monaten verabschieden. Bei diesen Vorzeichen ist es nur schwer vorstellbar, dass Gasly und Ocon 2024 um Podestplätze kämpfen werden.