Den kannst du direkt in die Formel 1 rüberziehen", flüsterte Gerhard Berger Red Bull-Motorsportberater Helmut Marko nach Liam Lawsons erstem DTM-Sieg zum Saisonauftakt in Monza zu. Was der Serienchef nach dem gestrigen Rennen in Spielberg in Richtung Marko ausrichten ließ, blieb zwar geheim, groß abgeändert dürfte Berger seinen Rat aber nicht haben. Denn der erst 19-jährige Lawson dominierte den ersten von zwei Läufen am Red Bull Ring, schnappte sich die Pole Position am Vormittag und ließ sich Platz eins auch im Rennen nicht mehr nehmen. Eiskalt und im Stil eines echten Champions fuhr er mit seinem Red Bull Ferrari als Erstes über die Ziellinie und ließ einmal mehr sein großes Talent aufblitzen.
Das sah in dieser Saison aber bereits ganz anders aus. Erst über Umwege und für ihn selbst überraschend kam der Neuseeländer in ein Cockpit in der GT3-Serie. "Mein Manager rief mich an und erzählte mir, dass er einen Anruf des ‘Doktors’ erhalten würde", erinnert sich Lawson. Damit war Helmut Marko gemeint, der dem Manager im Dezember des Vorjahres die frohe Kunde übermittelte. "Am Anfang dachte ich, dass er scherzt, und dass alles nur ein Witz ist."
Aus dem Witz wurde ganz schnell Realität und mit dem Sieg im Monza stand Lawson auch sofort im Mittelpunkt. Mit 19 Jahren und fünf Monaten löste er Ex-Meister Pascal Wehrlein als jüngsten Rennsieger der Geschichte ab – für die Medien in seinem Heimatland war ein neuer Superstar im Motorsport geboren. Auf den sensationellen Erfolg folgten Podiumsplätze am Lausitzring (Deutschland) und am Rennwochenende darauf in Belgien auch. Bei der letzten Station am Nürburgring machte der Rookie dann vor allem negative Schlagzeilen. Kein Punkt an zwei Renntagen und Kritik von Kollegen. "Lawson verliert gerade wirklich den Verstand. Ich weiß nicht, was er raucht", meinte Mike Rockenfeller, der wie sein Teamkollege Kelvin van der Linde vom Neuseeländer abgeschossen wurde.
Lawson, der nebenbei auch in der Formel 2 startet, fiel auf der Nordschleife vor allem mit unnötigen Überholmanövern und Aggressivität auf. Der Sieg in Spielberg, und vor allem die Art und Weise wie es dazu kam, sind deshalb die perfekte Antwort auf die laute Kritik und bringen ihm seinen Traum ein Stück näher: ein Cockpit in der Formel 1.