Porsche und Le Mans, da gibt es doch schon eine historische Liebesbeziehung. Le Mans ohne Porsche-Sportwagen, die um den Gesamtsieg fahren, ist ja fast undenkbar. Nach einer kurzen schöpferischen Pause kehrt ihr 2023 wieder zurück. Mit einem neuen Auto, ganz nach dem neuen Reglement. Was war ausschlaggebend für das Comeback?
FRIEDRICH ENZINGER: Ganz entscheidend ist, dass es nun ein Reglement gibt, das dir erlaubt, die weltweit wichtigsten Sportwagen-Meisterschaften mit einem Auto zu bestreiten. Wir können nun mit einem Auto die Klassiker in Le Mans und in Daytona oder Sebring bestreiten. Die A.C.O. (Anm.: Le-Mans-Organisation) und die IMSA (US-Sportwagenserie) haben sich endlich darauf geeinigt. Und wenn das jetzt auch noch vom Budget her überschaubar ist, dann stehen alle Türen offen. Diese Einigung auf ein Reglement ist ja fast schon historisch, darum wurde jahrelang gestritten. Dazu kommt eine „Balance of Performance“, so kommt es zu keiner Dominanz. So stehen dann schon die Fahrer und das Team im Vordergrund. Allein die Homologation wird fünf Jahren halten, das alles macht die Serie ziemlich konstant und ausgeglichen. Und wird für viele Hersteller interessant.

Es gibt ja künftig in der Langstrecken-WM zwei neue Klassen: die LMH, die sogenannten Hypercars, und die LMDh, die ja auf der früheren LMP2-Klasse basiert. Ihr fährt - unter Anführungszeichen - in der kleineren Klasse?
Ja, das ist richtig. Dazu haben wir ja auch die Zusammenarbeit mit Penske in den USA geschlossen, dazu wird eine gemeinsame Basis auch in Amerika geschaffen. Und wichtig ist auch: beide Klassen können und werden um den Gesamtsieg in Le Mans, in Daytona oder in Sebring fahren.

Apropos Budget: Warum sind die Kosten überschaubar?
Es gibt einmal nur vier Chassishersteller, zum Beispiel Dallara oder Oreca, aus denen du wählen kannst. Es gibt eine gewisse Anzahl an identischen Teilen, so werden Kosten gespart. Aber es gibt nach wie vor genügend Möglichkeiten, um sich von der Gegnerschaft zu differenzieren. Der gesamte Antriebsstrang steht frei. Im Vergleich sind die Hypercars ums circa Dreifache teurer. Es macht aber keinen Unterschied, denn durch die reglementierte Balance macht es keinen Unterschied. Der Wettbewerb ist gegeben. Einmal wird ein Hypercar gewinnen, einmal ein LMDh.

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Wer sind die Gegner, außer Toyota, die ja ihr LMH-Auto schon in Spa eingesetzt haben?
Oh, die Konkurrenz ist groß. Wir sind ja im Konzern mit Audi schon zu zweit, Ferrari ist dabei, BMW wird sich wohl in den nächsten zwei, drei Wochen entscheiden. Dann hast die Amerikaner wie Acura oder Cadillac. Das wird schon richtig gut.

Porsche bleibt ja auch weiterhin in der Formel E. Kommt mit Audi wieder nach Le Mans. Dann bliebt noch ein großes motorsportliches Betätigungsfeld für Volkswagen übrig. Gibt es da Visionen?
Nun. Als Konzernmotorsportchef muss ich ja acht Marken im Auge behalten. Und zu den Gerüchten rund um die Formel 1 kann ich nur sagen: jede Serie wird von uns ganz genau beobachtet, immer wieder. Wenn sich die Formel 1 nun ab 2025 mit dem neuen Reglement fahren wird, mit dem rein synthetischen Treibstoff, werden wir ein Auge darauf werfen. Wir können uns das nur anschauen, wie es sich entwickelt. Wie gut sind die Chancen für einen Neueinsteiger. Vor allem geht es da um Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität.

Eine Serie mit synthetischen Kraftstoffen, wie sie in der Formel 1 kommt, wie sie schon im kommenden Jahr in der Rallye-WM verwendet wird, muss doch für Euren Konzern ein Reizthema sein?
Beim nächsten Formel-1-GP in Monaco fährt wieder der Porsche Carrera Supercup. Da verwenden wir heuer erstmals synthetischen Kraftstoff. Um zuerst CO2-Reduktion zu erreichen und später überhaupt komplette CO2-Neutralität.

Das ist also auch für Porsche die große Zukunft für den Motorsport, um sich nach wie vor legitimieren zu können?
Ja, es gibt Elektroautos, deshalb fahren wir in der Formel E. Es gibt die Zukunft mit CO2-neutralen Kraftstoffen im Verbrenner, damit beginnen wir im Supercup und kehren nach Le Mans zurück. Das gute beim synthetischen Kraftstoff ist: du brauchst da beim Verbrennermotor nichts umbauen. Denn man könnte ja schon heute jedes Auto mit einem CO2-neutralen, synthetischen Kraftstoff betreiben. Der Motorsport wird wieder das große Labor für den Straßenverkehr. Ein Motorsport mit Serienrelevanz war und ist das beste Versuchsfeld.

Von diesen Kraftstoffen gibt es noch zu wenig. Da werden auch die Auto-Hersteller gefordert sein.
Ja, und wir von Porsche sind da schon dabei. Mit Siemens Technology sind wir eine Partnerschaft eingegangen. Unsere Betriebsstätte wird im kommenden Jahr in Chile sein, denn um klimaneutral zu produzieren braucht man viel Sonne und viel Wind.