Das erste Jahr Gerhard Berger als Chef der DTM ist vorbei. Können sie positiv bilanzieren?
GERHARD BERGER: Ja, im Grunde schon. Zu Beginn haben wir unser Reglement ein wenig nachjustiert. Das hat wunderbar funktioniert. Wir haben spannende Rennen gesehen, das Zuschauer-Interesse war heuer wieder enorm. Wir haben bis zu 100.000 Fans bei den Rennen gehabt. Und wir haben einen Titelkampf erleben dürfen, der bis zum letzten Rennen offen war. So gesehen haben wir neben der MotoGP sicher den spektakulärsten Sport bieten können.

Das heißt, alles ist perfekt gelaufen. Gab es keinerlei böse Überraschungen?
Nein, nicht wirklich. Böse kann man nicht sagen. Aber überraschend war für viele, auch für mich, der angekündigte Ausstieg von Mercedes nach 2018. Das hatte ich einfach nicht auf dem Radar. Damit habe ich nicht gerechnet.

Und wie will man das kompensieren? Zwei Marken wären selbst für die attraktive DTM wohl ein bisschen zu wenig, oder?
Jetzt fahren wir einmal das Jahr 2018, wie gehabt mit drei Marken. Dann schauen wir weiter. Ob eine Marke dazu kommt, ob es 2019 drei oder vier Hersteller gibt, kann ich heute noch nicht sagten. Wir bekommen wieder ein völlig neues Relgement. Und da kann es durchaus sein, dass wir erst 2020 einen dritten Hersteller, oder mehr, dazu gewinnen.

Mit japanischen Herstellern wie Lexus oder Nissan gab es Gespräche, bei Hersteller präsentierten sich schon beim Finale auf dem Hockenheimring, ihr fährt mit den DTM-Autos noch einmal in Japan. Das klingt doch vielversprechend?
Nun, fix ist nix. Es gibt Interesse, auch von anderen Herstellern, auch in Europa. Wichtig ist für viele ein stabiles Reglement, das den Marken eine Bühne bieten muss, um Know-how zu demonstrieren. Die Japaner haben einen Vorteil: sie haben entsprechende Autos bereits fertig, Lexus, Nissan oder auch Honda müssten nichts Neues entwickeln. Aber die DTM ist alleine stark genug, um zu überleben.

Und ein Einstieg einer neuen Marke hängt ja auch von einem Fernseh-Vertrag ab. Die ARD will ja aussteigen?
Wir sind da mitten in Verhandlungen. Es ist gar nicht so sicher, dass die ARD aussteigt. Mit den Fernsehanstalten ist es wie mit Autohändlern. Die versuchen immer, das beste für sich herauszuholen.

Sie haben aber gesagt, die ARD zeige zu wenige Leidenschaft...
Das muss man differenzierter sehen. Ich habe nicht die Live-Übertragungen kritisiert. Die sind sehr gut. Ich kann aber nicht verstehen, dass man, wie beim Rennen auf dem Norisring, in einer spannenden Rennphase, aussteigt, um einen Grünpolitiker eine Bühne zu geben. Da fehlt mir das Herzblut am Sport.

Was ist dran, dass ServusTV sich angeblich auch um die Übertragungsrechte bemüht?
Dazu kann ich keinen Kommentar abgeben, weil wir in den Verhandlungen stecken. Wir sprechen aber mit allen möglichen TV-Stationen.

Apropos Servus. Der Salzburgring, der wieder belebt werden soll, ist als DTM-Austragungsort im Gespräch. . .
. . . das wäre eine tolle Sache. Der Salzburgring ist natürlich etwas in die Jahre gekommen. Da bedarf es einiger Anpassungsarbeiten. Aber es wäre großartig, wenn die DTM hier wieder fahren könnte.

Käme der Salzburgring anstelle des Red-Bull-Rings in den Kalender, oder gäbe es dann gleich zwei DTM-Rennen in Österreich.
Nein, nein. Auf gar keinen Fall gibt es ein statt. Der Red-Bull-Ring bleibt im Programm. Da hatten wir heuer ein wunderbares Wochenende. Außerdem sehe ich den Salzburgring dann eher als grenzüberschreitenden, süddeutschen Termin an.

Noch eine österreichische Frage. Ihr Neffe, Lucas Auer, hat einen gewaltigen Entwicklungsschritt getan. Wäre er schon reif für die Formel 1?
Er hat einen Entwicklungsschritt getan. Das ist aber noch nicht genug. Weitere werden folgen müssen. Er hat Rennen gewonnen, jetzt muss er zeigen, dass er eine Meisterschaft gewinnen kann. Heuer spielte er schon mit. Alles weitere ergibt sich von alleine. Die Formel 1 sehe ich gar nicht als lang- oder kurzfristiges Ziel. Lukas muss nur sich und anderen beweisen, dass er ein Siegfahrer ist.

Alles spricht derzeit von der E-Mobilität. Besonders die deutschen Autokonzerne versprechen sich davon ein Riesengeschäft. Die Formel E gibt es bereits. Wird das Elektroauto auf der Rennstrecken langsam zur Konkurrenz?
Nein, das glaube ich nicht. Alles hat eine Daseinsberechtigung. Wenn ich aber Motorsport mit Emotion verbinde, dann ist für mich die Formel E kein Motorsport. Da fehlt mir einfach viel zu viel.

Einen Gerhard Berger in einem Elektroauto kann man sich also nicht vorstellen?
Wenn ich von A nach B fahre, unter Umständen schon. Ein Auto zu bewegen soll auch Spaß machen. Und wenn ich Emotionen mit einfließen lasse, dann kann mir ein Elektroantrieb das nicht vermitteln. Zumindest auf Dauer nicht.