Es waren große Fußstapfen, in die ein damals 20-jähriger Marc Marquez bei Honda Anfang April 2013 trat. MotoGP-Legende Casey Stoner war zurückgetreten, sein spanischer Nachfolger sollte langsam in dessen Rolle als Leader hineinwachsen. Doch wie so oft in der Karriere von Marquez hielt er nicht viel vom Wort "langsam". Im ersten Rennen in Katar raste der Rookie aufs Podest, im zweiten Grand Prix im texanischen Austin fuhr er sensationell zum Sieg. Eine nervenaufreibende Saison später sicherte er sich mit einem dritten Platz in Valencia seinen ersten Weltmeistertitel – als bisher jüngster Fahrer der Geschichte.

Schon damals überschlugen sich die Medien mit Lobeshymnen auf den neuen Stern am Motorsport-Himmel. Jung, schnell und rücksichtslos – der nächste Superstar war geboren. Und Marquez war alles andere als eine Eintagsfliege, wie er zum Saisonstart des nächsten Jahres eindrucksvoll unter Beweis stellte. Zehn Rennen, zehn Siege und null Diskussionen, wer sich 2014 den WM-Titel sichern würde. Und Marquez bewies auch Comeback-Qualitäten, schlug nach Jorge Lorenzos Titel 2015 mit vier Weltmeisterschaften en suite (2016, 2017, 2018, 2019) zurück.

Abwärtsspirale

Auf die goldenen Zeiten folgte in den vergangenen Jahren aber eine echte Sinn- und Verletzungskrise. Der Spanier war immer bekannt für seinen aggressiven Stil, Unfälle gab es deshalb auch in den erfolgreichen Jahren viele. Im Coronajahr sollte sich der Erfolgsgarant aber eine folgenschwere Verletzung zuziehen. Bei einem Highsider in Jerez brach sich Marquez den rechten Oberarmknochen – mit dramatischen Folgen. Denn der Draufgänger ließ nicht locker, saß eine Woche später nach einer Operation wieder auf dem Bike und musste schließlich aufgeben. Das schnelle Comeback warf ihn weit zurück, die Saison war dahin.

Auch 2021 und 2022 waren von Unfällen und Rückschlägen geprägt, weshalb sich der Honda-Pilot für eine drastische Maßnahme entschied. Mit der vierten OP nahm er sich eine Auszeit, dachte dabei sogar über ein Karriereende nach. Gedanken, die sich nie durchsetzen. Nach langer Pause wollte ein völlig ausgeruhter Marquez 2023 zurückschlagen, eine Wende einleiten und zu alter Stärke finden. Gekommen ist es aber ganz anders.

Trennung

Auf der japanischen RC213V fühlte sich der achtfache Champion keine einzige Runde wohl, kritisierte Team und Bike immer wieder in der Öffentlichkeit. Am zerrüttenden Verhältnis zwischen Honda und Marquez konnte auch der dritte Platz beim letzten Rennen in Japan nichts ändern. Lange wurde schon darüber gemunkelt, am Mittwoch machten es beide Lager fix: Der 59-fache MotoGP-Rennsieger und Honda gehen nach elf Jahren am Ende der Saison getrennte Wege. Eine einzigartige Liebes- und Erfolgsgeschichte endet somit abrupt und schon jetzt stellt sich die Frage: Wie geht es mit dem Ausnahmefahrer weiter?

Ein Karriereende scheint keine Option zu sein, dafür hat der mittlerweile 30-Jährige in den vergangenen Monaten und Jahren zu viel investiert, vor allem körperlich. "Es ist meine Leidenschaft, meine absolute Passion. Natürlich gab es Phasen, die schwierig waren. Aber wenn ich aufgeben würde, wäre ich nicht Marc", sagte er im Sommer, als er darauf angesprochen wurde. Immer wieder kochte auch das Gerücht über einen Wechsel zu KTM hoch, was Pit Beirer aber zumindest für 2024 fix ausgeschlossen hat. Es bleibt also spannend, was die nächste Herausforderung im Leben des Marc Marquez wird.