Es war ein Crash, der die gesamte Szene schockiert hat. Und das gleich zum Auftakt der neuen Saison, gleich im zweiten freien Training für den ersten Grand Prix des Jahres in Portimao. Pol Espargaro flog von der Piste, sein Körper krachte am Ende des Kiesbetts gegen die Leitschienen und er wurde dann auch noch von seinem Motorrad getroffen. Ein Horrorcrash, vor dem sich jeder fürchtet.
Reglos lag der Spanier auf dem Boden, wurde vor Ort behandelt, das Schlimmste befürchtet. Nach einem kurzen Aufenthalt im Streckenspital wurde er ins Krankenhaus nach Faro geflogen, Ehefrau Carlota standen die Tränen in den Augen. Von seinem neuen Arbeitgeber GasGas, dem B-Team von KTM, kam erste Entwarnung: keine Lebensgefahr. Mit einem Polytrauma im Rücken war aber davon auszugehen, dass Espargaro längere Zeit ausfallen werde. Zum Glück hatte er von Anfang an Arme und Beine bewegen können. Diagnose: Acht Knochenbrüche, darunter zwei Rippen, drei Rückenwirbel, zertrümmerter Kiefer. Das Glück war, dass das Rückenmark nicht verletzt worden ist. „Es hätte viel schlimmer kommen können, ich hatte einfach nur Riesenglück, bei so einem Sturz kann man auch sterben“, sagte Pol Espargaro später. Der besonders stolz auf seine Frau war. „Sie war die ganze Zeit alleine für die Familie da, sie war so stark.“
Über vier Monate dauerte die Rehabilitation, neun Kilogramm hatte er dabei abgenommen. „Es war eine schwere Zeit, ich konnte nicht essen, kaum schlafen“, erzählt er. „Aber mir war klar, ich wollte unbedingt wieder fahren. Beim GP von England in Silverstone feierte er vor knapp zwei Wochen sein Comeback. Den zwölften Platz hat er sich mehr als hart erkämpft. Denn mit Fortdauer des Rennens „hat mein Körper irgendwie blockiert, alles verkrampfte sich, ich konnte den Hals nicht drehen“, sagte er, „im Grunde war ich nach zehn Runden schon fix und fertig und dachte ans Aufhören.“
Zum ersten Mal war Espargaro schon in Mugello wieder in der Box aufgetaucht. „Das war richtig emotional, begleitet von vielen Tränen“, erinnert sich KTM-Motorsportchef Pit Beirer. „Und wir haben gesehen, wie sehr er da zurückwill. Ihn zu tauschen, Pedro Acosta statt Pol fahren zu lassen, schien am Anfang logisch. Aber jetzt setzen wir alles daran, ihn Schritt für Schritt zurückzubringen.“
Von seiner Normalform ist Pol Espargaro natürlich noch weit entfernt. Aber er kämpft darum, wieder in Form zu kommen. „Es ist das Einzige, das ich richtig gut kann. Es gibt für mich gar keine andere Möglichkeit, als in der MotoGP zu sein“, meint er selbst. „Freilich, ich habe einen Vertrag bis Ende 2024. Aber die Performance steht für mich im Vordergrund.“ Denn neben Pol Espargaro haben auch Pedro Acosta, Moto2-WM-Leader und Augusto Fernandez eine MotoGP-Zusage von KTM.