Silber mit Platz zwei für Lewis Hamilton war für die "Silberpfeile" in Mexiko das höchste der Gefühle. Auf den vergoldeten Sieger Max Verstappen fehlte am Ende aber nicht viel, was nun endgültig beweist, dass Mercedes zurück an der Spitze ist. Der erste Saisonsieg war für den Dominator des vergangenen Jahrzehnts in greifbarer Nähe. Die zu defensive Reifenstrategie mit Medium-Hard machte beiden Fahrern einen Strich durch die Siegerrechnung, vor allem da die harte Mischung überhaupt nicht zu funktionieren schien. "Diesmal waren wir schnell, die Strategie war jedoch falsch. Hinterher ist man immer schlauer. Wir haben damit gerechnet, dass Red Bull zweimal stoppen muss, allerdings hat sich der mittelharte Reifen enorm gut gehalten. So haben wir ins Klo gegriffen, wir können nicht zufrieden sein", erklärte ein niedergeschlagener Toto Wolff den Rennausgang.
Doch gerade dieser strategische Fehler gibt Mercedes einen Grund für Optimismus. Denn in Sachen Performance sind die "Silberpfeile" zurück im Geschäft. Der W13 funktionierte in der aktuellen Weltmeisterschaft noch nie so gut, wie in Mexiko. Das mag zum einen auch an der speziellen Höhenlage liegen, Fahrer und Auto scheinen sich nach langer Suche aber endlich perfekt gefunden zu haben. George Russell sprach von einem "großartigen Auto", Teamkollege Hamilton haderte zwar mit der Strategie, lobte aber ebenfalls die Arbeit des Teams. Das Update vom GP der USA in Austin scheint zu funktionieren, selbst Wolff musste nach dem Rennen gestehen: "Die Pace war sicher da."
In der ersten Saisonhälfte sah das noch ganz anders aus. Mercedes war klar nur die drittstärkste Kraft im Fahrerfeld. Trotz einiger Podiumsplatzierungen machten sich Red Bull und Ferrari die Siege untereinander aus, für den Konstrukteursweltmeister des Vorjahres blieb Platz drei das höchste der Gefühle. Eine ungewohnte Situation für den erfolgsverwöhnten Rennstall, der Fragen aufkommen ließ, ob man der Rolle als Jäger überhaupt gewachsen sei.
Die Antwort darauf folgte in eindrucksvoller Manier ab dem GP von Frankreich, in dem Hamilton 2022 zum ersten Mal auf Platz zwei für Mercedes fuhr und so für den idealen Start in Saisonhälfte zwei sorgte. Seither holte das Team aus Brackley in neun Rennen 210 Zähler – 26 mehr als Ferrari (184). Zu Beginn der Saison noch weit hinter der Scuderia, scheint Mercedes drauf und dran zu sein, sich als zweitstärkste Kraft zu etablieren und Ferrari somit auch noch den Vizetitel in der Konstrukteurswertung streitig zu machen.
Zwei zweite Plätze durch Hamilton in Folge und ein punktereiches Sprint-Wochenende vor der Tür machen jedenfalls genauso viel Hoffnung wie die beeindruckende Statistik des Briten seit seinem Formel-1-Einstieg 2007. Noch nie beendete der siebenfache Champion eine Saison ohne Rennsieg. In der aktuellen WM hat er für die Fortführung dieser Serie noch zwei Chancen.