Es galt noch, die legendäre Route zu befahren. Zwischen Paris, Algier und Dakar den rechten Weg zu finden und diesen so schnell wie möglich zu bewältigen. Eben den ursprünglichen Parcours, wie ihn sich Thierry Sabine, der Gründer der Rallye Dakar, ausgedacht hat. Diese Version der Rallye Dakar hat der französische Enduro-Spezialist Hubert Auriol (übrigens nicht verwandt mit dem Rallye-Weltmeister Didier Auriol) noch in den Jahren 1981 und 1983 gewonnen – mit einer BMW GS. Dann gewann er auch noch die Autokategorie 1992 (Mitsubishi) und später, von 1995 bis 2003, war er Renndirektor. Die Rallye gilt noch heute als härtestes Testgeläuf für Mensch und Maschine. Obwohl sie längst nicht mehr durch die Sahara führt, obwohl sie einige Jahre in Südamerika ihr Heil gesucht hat und heute in Saudi-Arabien angekommen ist.
Die Werksmaschinerie der Hersteller wie Honda, KTM, Mini oder Toyota hat vielleicht ein Stück vom Schrecken genommen. Aber es gibt noch eine reine Variante des staubigen Schauspiels, die Hardcore-Edition sozusagen. Sie heißt „Original by Motul“. Fahrer, die hier mitmachen, müssen ebenso alle Strapazen überstehen, gegen Müdigkeit und Erschöpfung ankämpfen – und das aber völlig alleine. Wenn sie im Etappenziel angekommen sind, müssen sie sich mutterseelenalleine um die mechanische Instandhaltung ihrer Motorräder kümmern, technische Schäden ausbessern. Erst dann dürfen sie sich in einem eigenen Biwak ein paar Stunden Schlaf gönnen. Der Erfinder der Urform ist Hubert Auriol. „Jeder ist da auf sich alleine gestellt. Er muss navigieren, sein Fahrzeug reparieren. Alles ohne Hilfe. Aber es ist für mich ein ganz großer Moment, wenn diese Teilnehmer das Ziel erreichen und ihre Augen ganz groß zu leuchten beginnen“, erklärt der 68-jährige Auriol auf Dakar.com.
Auch Pressekonferenzen gibt es nur noch online:
Der Vorjahressieger Ricky Brabec war noch nicht einmal geboren, als Hubert Auriol die Dakar gewinnen konnte. Der US-Amerikaner zählt zu den völlig unerschrockenen, der sich über jede Kuppe mit Vollgas stürzt, jedes Risiko eingeht. Noch, sagen Experten wie Heinz Kinigadner. Noch, weil er sich noch nie weh getan hat, sich noch nie verletzt hat. Erst mit den Brüchen beginnt man zu denken, sagen zumindest die geschundenen Dakar-Helden, deren Knochen vielfach knickten wie Zündhölzer.
Und mit Ricky Brabec plant Honda auch heuer den großen Coup, die Wiederholung des Vorjahressieges, als Brabec eine 18-jährige Vorherrschaft von KTM beendet hat. Ihm zur Seite stehen Joan Barreda oder Kevin Benavides, allesamt Piloten ohne Ängste, die das Zeug zum Dakarsieg haben. Natürlich will KTM wieder zurück zur Nummer-eins-Position. Wieder mit dem Österreicher Matthias Walkner, Toby Price und Sam Sunderland, die sich trotz corona-eingeschränkter Vorbereitung ganz gut fühlen.
Viel Kritik gab es im Vorjahr wegen der zum Teil erschreckend hohen Geschwindigkeiten – mit der auch die beste Dame im Feld, die Spanierin Laja Sanz, zurecht kommen musste. Sanz fährt heuer wieder eine Gas-Gas, die eigentlich zu KTM gehört. Weniger kritisch ist es für die Piloten der Autokategorie, allen voran Altmeister Carlos Sainz, Vater des nächstjährigen Ferrari-Piloten Carlos Sainz Junior.
Der Veranstalter hat sich die Kritik zu Herzen genommen. So wird das Roadbook jeder Etappe Tag für Tag erst kurz vor dem Start ausgehändigt. Und es gibt sogar Geschwindigkeitsbeschränkungen, abschnittsweise. Und er hat gesorgt, dass die Dakar überhaupt stattfindet. Nach dem mutierten Corona-Virus schloss Saudi-Arabien seine Flughäfen für internationale Flüge. Der Renntross reiste mit Charter-Maschinen an, mit Testungen vor der Einreise.