Es dauerte drei Jahre, bis die Stadt Graz nun auch offiziell bekanntgab, was Bürgermeisterin Elke Kahr laut eines Interviews mit der Fußball-Zeitschrift „ballesterer“ eh von Anfang an wusste: Graz und zwei Fußballstadien, das wird es nicht geben. Das neue Ziel ist, den aktuellen Standort in Graz-Liebenau neu zu denken und im Anschluss – es ist die einzige Möglichkeit – neu zu bauen. Ein Kompromiss, der vor allem von den beteiligten Vereinen Verzicht einfordert. Verzicht auf die „eigene Heimat“ für die zwei großen Grazer Traditionsklubs, die Bereitschaft, einen Standort gemeinsam zu bespielen und zu nützen.
Hauptargument für den Weg, es nun doch mit einem Stadion zu versuchen, sind die Kosten. Doch, Achtung: Wer glaubt, dass „Liebenau neu“ ein Schnäppchen sein wird, steht schnell im Abseits. Es wäre der größte Fehler, wenn man die Ein-Stadion-Lösung durch falsche Weichenstellungen in Bezug auf die Kosten des Umbaus noch vor Beginn aufs Abstellgleis schiebt. Sprich: Dem „Kompromiss“ der Ein-Stadion-Lösung sollten nun nicht weitere Kompromisse folgen: „Liebenau neu“ darf kein kleinster gemeinsamer Nenner werden, wenn es darum geht, die Anforderungen, die ein modernes Stadion stellt, zu erfüllen – und damit denselben Fehler zu machen wie beim ersten Um/Neubau vor 30 Jahren. Der erfolgte damals nämlich ein paar Jahre zu früh, so ließ die Stadt die Chance „Euro 2008“ ungenützt, Klagenfurt holte sich das EM-Stadion, Graz, das das einstige „Bundesstadion“ gerade erst zu einem der Stadt gemacht hatte, winkte dankend ab.
Stadien sind mitunter „Wahrzeichen“
Die Ein-Stadion-Lösung ist angesichts der Umstände eine durchaus sinnvolle: Wenn diesmal alle Parteien am Tisch sitzen und einen klaren Anforderungskatalog erfüllen. Es ist sinnvoll, wenn es gelingt, den Wettbewerbsnachteil für die Grazer Klubs, die im Gegensatz zu manch Mitbewerber keine Mittel durch ein eigenes Stadion lukrieren können, zu minimieren oder gar wettzumachen. Ja, abgesehen von Graz gibt es nicht viele (Groß-)Städte, die zwei rivalisierende Klubs in ein Stadion zwingen. Und sich an Ausnahmen ein Beispiel zu nehmen, soll nicht überall Schule machen. Nichtsdestotrotz: Stadien sind aktuell Anziehungspunkt über den Fußballbesucher hinaus. Sie sind mitunter architektonische „Landmarks“, Wahrzeichen gleich. Sie sind Unterhaltungszentren, mitunter Business-Center – und jedenfalls weit mehr als „nur“ Fußball-Stadien. Und genau das muss auch für Graz das Ziel sein: Es geht nicht darum, Fußballvereine zu hofieren, es geht darum, eine Notwendigkeit zu nützen, um eine nachhaltige Investition in die Zukunft daraus zu machen. Darum, nicht dieselben Fehler zu machen wie in den 90er-Jahren, als man den Zug der Zeit versäumte.
Worum es noch gehen wird: Beide Grazer Fußballvereine müssen die Gegebenheiten akzeptieren. Die Situation zu akzeptieren und künftig in Liebenau friedvoll koexistieren statt eigene Bereiche zu markieren und Herrschaftsansprüche zu stellen.
Mit anderen Worten: Es geht jetzt darum, die Kräfte endlich wirklich zu bündeln und (nicht nur) dem Fußball eine würdige Bühne zu geben, die sich dieser mit den Leistungen der vergangenen Jahre auch verdient hat.