Thomas Bach war schon da. Am 1. April dieses Jahres, zur Eröffnung. Was er im "3 – 2 – 1 Qatar Olympic and Sports Museum" sah, wird ihm wohl gefallen haben – obwohl er selbst in der Vitrine zum Fechten nicht berücksichtigt wurde. Der heutige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewann 1976 mit der deutschen Florett-Mannschaft Gold.
Es ist aber auch ohne das Bildnis des jungen Bach genügend fürs deutsche Auge und die deutsche Seele da. Man mag sich ja fast empören: Katar hat die originale Olympia-Fackel von 1972, das München-Maskottchen Dackel Waldi, das auch in Bayern jahrzehntelang nicht mehr zu kriegen war, und den Rennanzug vom Hackl Schorsch, der nicht nur für Gold in der Eisrinne von Albertville steht, sondern auch für einen Kulturkampf mit der sehr unbayerischen "taz", die Hackl eine "rodelnde Weißwurst" nannte. Aber gut – diese Diskussion ist für den arabischen Markt nicht relevant.
Doha hat sich also ein Olympiamuseum gegönnt, ohne jemals Olympische Spiele ausgerichtet zu haben. Noch nicht mal eine Bewerbung um das höchste Fest des Sports gab es, aber das wird sich wohl ändern. Man kann die Fußball-Weltmeisterschaft durchaus als Testlauf verstehen – denn ihr Organisationscharakter war der von Olympischen Spielen.
Die WM, die sonst kontinentale Ausmaße hat, ist in einem Radius von 70 Kilometern zentralisiert, es gibt ein Netz von Ort-zu-Ort-Transportmitteln und Begegnungsflächen wie eben in einer Olympiastadt. Im Fall von Doha ist es die imposante Strandpromenade Corniche, der mit Lokalen und Geschäften gesäumte Lusail Boulevard oder der Souk Waqif. An der Corniche steht ein riesiges Maskottchen, das in der Hand eine Fackel hält. Die Ambition auf Olympia ist nicht zu verbergen.
Infrastruktur bleibt
Stadien hat Katar nun genügend, es wird auch nach einigen Rückbauten genügend bleiben. Das Khalifa International Stadium (in dem das Sportmuseum beheimatet ist) beherbergte 2019 die Leichtathletik-WM, auch die Welttitelkämpfe im Handball waren schon hier, die Tischtennis-WM 2025 wird in Doha stattfinden.
In der Nähe des Container-Stadions 974 findet man das katarische Tischtenniszentrum, wo Trainer aus Weißrussland seit zwanzig Jahren am Aufbau dieser Sportart arbeiten. Ein Pferdesportzentrum arbeitet mit eigener Zucht, in diesem Sport sind auch Mitglieder der Herrscherfamilie Al-Thani engagiert. Draußen in der Wüste gibt es einen Kurs für Triathlon, und Golf gespielt werden muss nicht mehr wie in den 70er-Jahren auf Sand, Katar hat dafür genügend Grün angelegt auf dem Campus seiner Education City. Mit den Asienspielen wurde 2006 schon ein Olympia-ähnliches Event mit 45 Nationen und in 39 Sportarten ausgerichtet.
Im "3 – 2 – 1" spiegeln sich die Ambitionen Katars, im Weltsport mitzuspielen. Der Besuchende staunt, wie sich immer noch ein Raum mit Exponaten auftut und man durch die Etagen gleitet. Doha gehört zu einem Netzwerk von 22 Olympia-Museen weltweit – natürlich versucht es, die anderen zu überbieten. Auf LED-Bildschirmen erklären lebensgroße Figuren, was der Sport alles verkörpert. Es sind die Botschaften von Willensstärke, Disziplin und Erfüllung, die eins zu eins der PR-Sprech des IOC sind. Katar gibt sich als Echokammer der olympischen Bewegung.
Sympathien vorhanden
Katar hat ja nun auch seinen eigenen Olympia-Helden, den Hochspringer Mutaz Essa Barshim, geboren 1991 in Doha, sportlich eine Frucht der Eliteschmiede Aspire Academy. Er ist ein sympathischer Kerl, das hat er voriges Jahr in Tokio bei den Spielen gezeigt, als er vorschlug, nicht in ein Stechen um Gold zu gehen, sondern den Olympiasieg mit dem Italiener Gianmarco Tamberi zu teilen. Katar nutzt die faire Geste und die Geschichte einer Freundschaft über Grenzen hinweg natürlich für sein Image.
Dass Katar sich demnächst um Olympische Spiele zu bewerben beabsichtigt, ist kein Getuschel mehr, sondern mindestens halboffiziell. Scheicha Al Massaya Al Thani, die das Museum leitet, erzählt, dass der Vater Emir vor 50 Jahren den Vorsatz äußerte, Fußball-Weltmeisterschaft und Olympische Spiele nach Katar zu holen. Es war da gerade eigenständig geworden. "Jetzt sehen wir, dass der eine Traum wahr geworden und der andere näher denn je ist", sagt die Scheicha.
Frühestens um die Ausrichtung der Sommerspiele 2036 (wohl auch eher im Herbst/Winter) kann Katar sich bewerben. Aber lange Vorlaufzeiten sind für das Land kein Hindernis. Katar hat die Jahre genutzt, um die Welt an sich zu gewöhnen.
Video: Was es mit der Kritik an der Fußball-WM in Katar auf sich hat
Günter Klein