Mitten im Wald, 50 Kilometer südwestlich von Paris in einer 900-Einwohner-Gemeinde werden Frankreichs Fußballtalente geschmiedet. Den Eingang ins Institut National du Football de Clairefontaine (INF) zieren zwei Sterne, einer für jeden Weltmeistertitel, den die Franzosen erreichten. 1988 wurde Clairefontaine eröffnet, zehn Jahre später – als Frankreich zu Hause zum ersten Mal Weltmeister wurde – war Clairefontaine das Basecamp der Équipe Tricolore. Auch auf die Weltmeisterschaft in Katar haben sich die Franzosen in Clairefontaine vorbereitet.
Clairefontaine ist aber nicht nur der Ort, an dem sich die Nationalteams der Franzosen treffen und auf Turniere und Länderspiele vorbereiten – Clairefontaine ist eine Fußballakademie. Mit die beste der Welt. Jedes Jahr werden 23 Kinder aus den Vororten Paris’ in Clairefontaine ausgebildet. Berühmte Schüler? Thierry Henry, William Gallas, Nicolas Anelka und Kylian Mbappe.
Anders als in der berühmten Barcelona-Akademie La Masia, wo schon die Kleinsten viele kurze Pässe spielen müssen, geht es in Frankreichs National-Akademie nicht darum, den Kindern eine bestimmte Spielphilosophie einzupflanzen. Im Gegenteil: Im Zentrum steht die Entwicklung des Einzelnen. Es geht um die Technik, nicht um Spielanlagen. Am Wochenende verlassen die Kinder Clairefontaine, um für ihre Heimatvereine zu spielen.
Erst im dritten und letzten Ausbildungsjahr wird Fußball gespielt, wie man sich Fußball vorstellt – elf gegen elf. Trotzdem bleibt die Idee: nicht das perfekte System zu entwickeln, sondern eben perfekte Spieler für jede Position. Es geht darum, die technisch besten, schnellsten, stärksten und taktisch flexibelsten Spieler zu produzieren. Das beste Beispiel: 1998 Weltmeister mit Zidanes Genialität und einer fantastischen Viererkette. 2000 Europameister mit Henry und Anelka als überragende Stürmer.
Die Ausbildungsphilosophie funktioniert gut. 13 nationale Akademien gibt es mittlerweile im ganzen Land. Scouts und Fußballdenker aus aller Herren Länder waren in Clairefontaine, um zu schauen, wie gearbeitet wird. Wer Trainer bei einem professionellen Klub sein möchte, geht in Clairefontaine durch die Schule. Aufgrund dieser Herangehensweise ist kein Ende in Sicht, wenn es um Frankreichs Erfolge im Fußball geht. Eine goldene Generation Frankreichs gibt es nicht – es werden jedes Jahr neue, herausragende Talente geschliffen und zu den besten Spielern der Welt gemacht. Da überrascht es auch nicht, dass mehr als 50 Spieler bei der WM in Katar in Frankreich geboren und ausgebildet wurden.
Die Erfolge der Franzosen sprechen für sich: EM-Halbfinale 1996, Weltmeister 1998, Europameister 2000, WM-Finalist 2006, EM-Finalist 2016, Weltmeister 2018.