Was wollt ihr denn? „Totaalvoetbol“ hätten die Oranje-Fans gerufen, wenn welche im Stadion gewesen wären. Nun, ein paar waren es ja wohl, aber sie gingen unter im weiß-blauen Leiberlmeer, und wenn diese den „totalen Fußball“ gefordert hätten, der Auftrag wäre ungehört verhallt. Aus Sicht der Anhänger des niederländischen Fußballs war es unerhört, was die „Elftal“ da im Viertelfinale der Weltmeisterschaft gegen Argentinien über 80 Minuten lang geboten hat. Das Angriffsspiel, im Achtelfinale gegen die USA noch zumindest phasenweise erfolgreich vorgeführt, war in den vergangenen Tagen auf der Strecke geblieben und die Niederländer sahen gegen eine keineswegs in vollster jugendlicher Blütenpracht stehenden Argentinier aus, wie „Bondscoach“ Louis van Gaal ist – alt. Dem 71-Jährigen schlief auf der Bank das Gesicht ein, das wirkte offenbar ansteckend auf die Beine seiner Getreuen, als wären es Gebeine. Doch sie waren nur konserviert.
Es sah danach aus, dass der einzige Mensch auf dem Rasen, der Fußball spielte, das Match für sich entscheiden würde. Lionel Messi steckte nach mehr als einer halben Stunde voll der Langeweile den Ball durch und fand Nahuel Molina, der die Kugel weiterleitete und den Argentiniern einen entscheidenden Vorteil verschaffte. Es stand 1:0. Wer nun gedacht hätte, das würde die Niederländer aus der Passivität herauslocken, der sah sich getäuscht. Oranje blieb blass, und das sollte sich auch nach Seitenwechsel nicht ändern. Im Gegenteil, es kam noch weniger als vorher. Die Niederländer schienen überschätzt worden zu sein. Ein so perfektes fußballerisches Versteckspiel war doch nicht für möglich zu halten. Argentinien beschränkte sich auf das Notwendigste, es konnte Kräfte sparen. In der 73. Minute kam Marcos Acuna nach Attacke von Denzel Dumfries zu Fall, es gab einen Elfer, den Messi verwandelte. Torhüter Andries Noppert hatte spekuliert und war einfach stehen geblieben, doch Messi schoss in die Ecke.
Das war’s, dachten alle, doch es kam anders. Wout Weghorst köpfelte zum 1:2 (83.) ein, was alle An- und Abwesenden aufweckte und eine Schlussphase einleitete, die dann keine war. Denn nach Ablauf der zehnminütigen Nachspielzeit griff ein genialer Freistoßtrick. Der in der Mauer gestandene Weghorst nahm den Flachpass an und schoss zum 2:2 ein.
In der Verlängerung starteten die Niederländer – kein Furioso, sie waren auf das Elfmeterschießen fokussiert. Neuerlich spielte nur Argentinien, hatte Chancen und in der letzten (121.) Minute Pech – Stange.
Im Elferschießen avancierte der argentinische Torhüter zum Helden. Emiliano Martinez parierte die ersten zwei Schüsse der Niederländer, die Argentinier verwandelten, es wurde noch einmal spannend nach einem Fehlschuss der Südamerikaner, aber dann verwandelte Lautaro Martinez und schoss Argentinien ins Halbfinale. Das Elferschießen endete 4:3. Das bessere Team hat gewonnen.