Belgiens in die Jahre gekommene "Goldene Generation" ist gescheitert. Der Weltranglistenzweite, erneut als Mitfavorit ins Turnier gegangen, ist bei der Fußball-WM in Katar bereits in der Gruppenphase ausgeschieden. Die Belgier kamen am Donnerstag in ihrem Schicksalsspiel gegen Vizeweltmeister Kroatien nicht über ein 0:0 hinaus. Ein Sieg wäre nötig gewesen. So zogen die Kroaten als Gruppenzweiter hinter dem Überraschungsteam Marokko ins Achtelfinale ein.
Nach enttäuschenden Leistungen in den ersten beiden WM-Partien hatten Berichte über interne Spannungen bei den Belgiern die Runde gemacht. Die "Roten Teufel", kommendes Jahr Österreichs Gegner in der EM-Qualifikation, wollten sie in einer Krisensitzung ausgeräumt haben. Das Duell mit den Kroaten vor 43.984 Zuschauern im ausverkauften Ahmad bin Ali Stadium in Al Rayyan verlief über weite Strecken ausgeglichen. Der erlösende Treffer gelang aber auch dem eingewechselten Romelu Lukaku nicht.
Belgiens Teamchef Roberto Martinez reagierte auf den jüngsten 0:2-Tiefschlag gegen Marokko mit vier Änderungen in der Startformation. Kapitän Eden Hazard saß ebenso wie Bruder Thorgan vorerst auf der Ersatzbank. Dort nahm erneut auch der lange verletzte Lukaku Platz, der gegen Marokko ein Kurz-Comeback gegeben hatte. Neben Defensivmann Leander Dendoncker kamen Yannick Carrasco, Dries Mertens und Leandro Trossard neu ins Team.
Kroatien vertraute genau derselben Formation wie zuletzt beim 4:1 gegen Kanada. Mittelstürmer Marko Livaja wurde in der Offensive von Andrej Kramarić und Ivan Perišić unterstützt. Letzterer gab bereits nach sieben Sekunden einen ersten Warnschuss ab. Auf der Gegenseite tauchte Carrasco gefährlich vor dem Tor auf (11.). Der vor der Pause ansonsten unauffällige Ersatzkapitän Kevin De Bruyne bediente im Konter Mertens, dessen Abschluss fiel aber schwach aus (13.).
Der Aufreger einer ausgeglichenen ersten Hälfte: Nach einem Zweikampf von Carrasco mit Kramarić entschied Schiedsrichter Anthony Taylor auf Elfmeter (15.). Kroatiens Kapitän Luka Modrić hatte sich den Ball bereits zur Ausführung auf den Punkt gelegt, als sich der Video-Assistent (VAR) einschaltete. Der Strafstoß wurde nach Überprüfung von Taylor selbst zurückgenommen, weil Kramarić bereits beim vorangegangenen Freistoß von Modrić für minimal im Abseits befunden wurde. Es blieb beim 0:0.
Romelu Lukaku sollte es richten
Zur Pause ging Martinez "all in" – und schickte den nicht voll fitten Lukaku in die Partie. Der Sturmtank von Inter Mailand sorgte für mehr Betrieb als Mertens und deutete nach einer gefühlvollen Flanke von De Bruyne per Kopf seine Gefährlichkeit an (48.). Belgien-Goalie Thibaut Courtois lenkte in seinem 100. Länderspiel einen Schuss von Mateo Kovačić über die Latte (50.) und war in einer kurzen Drangperiode der Kroaten auch gegen Marcelo Brozović und seinen Real-Madrid-Kollegen Modrić auf dem Posten (54.).
Es folgten zwei Großchancen für Lukaku. Nach einem Abpraller nagelte Belgiens Rekordtorschütze den Ball an die rechte Innenstange (60.), zwei Minuten später setzte er einen Kopfball frei stehend über das leere Tor. Der Treffer hätte aber nicht gezählt, weil De Bruyne seine abgefälschte Flanke von hinter der Torlinie abgegeben hatte.
Belgien erhöhte zum Schluss die Schlagzahl
Im Finish wackelten die Kroaten. Einen Volley von Thomas Meunier lenkte Lukaku aber nicht ins, sondern neben das Tor (87.). In der 90. Minute folgte die vielleicht größte Chance: Nach einer Flanke des eingewechselten Thorgan Hazard bekam Lukaku mit der Brust aus kurzer Distanz nicht genug Druck auf den Ball. Kroatien-Keeper Dominik Livaković packte noch vor der Linie zu. Wenig später rettete Joško Gvardiol vor dem einsatzbereiten Belgien-Stürmer.
Lukaku hatte die jüngsten beiden Duelle mit Kroatien (2:1 bzw. 1:0) mit insgesamt drei Toren für die "Roten Teufel" entschieden. Diesmal ging der 29-Jährige leer aus – und der WM-Dritte von 2018 muss die Koffer packen. Die Kroaten bekommen es im Achtelfinale am Montag mit dem Sieger der Gruppe E, mit Spanien oder Deutschland, zu tun, der am Donnerstagabend feststehen wird. Der Vizeweltmeister ist mittlerweile neun Länderspiele in Folge ungeschlagen. Die bisher einzige Niederlage in diesem Kalenderjahr hatte es für Modrić und Co. zum Auftakt der Nations League Anfang Juni daheim gegen Österreich (0:3) gesetzt.