Die WM hatte also gestern ihre erste große Überraschung. Hervé Renards Team aus Saudi-Arabien schlug sensationell eine desaströs verteidigende Mannschaft aus Argentinien, deren Hochmut gleichzeitig ihr Untergang war. Nach 1:0-Führung konnte man es selbst nicht glauben, dass vermeintliche Underdogs es schaffen, auch Titelanwärtern den Zahn zu ziehen oder gar mehrere. Wie viel Biss Messi & Co nun noch entwickeln werden, wird sich weisen.
Das Team von Lionel Scaloni scheint gefestigt zu sein, Blamagen dieser Größenordnung sind mannschaftsintern aber schwer zu verdauen. Argentinische Zeitungen sollte man lieber nicht lesen, ich empfehle den Spielern doch lieber in den nächsten Tagen zur Kleinen Zeitung zu greifen. Und spätestens jetzt ist allen großen Nationen klar geworden, dass es selbst in der Gruppenphase keine Geschenke gibt.
Überraschungen in der Aufstellung wird es auch von Hansi Flick nicht geben, der in der "Hammergruppe E" auf die spielstarken Spanier, eine defensiv erfahrene Mannschaft aus Costa Rica und eine disziplinierte Mannschaft aus Japan trifft. Der "Bayern Blockbuster" ist in Deutschland hoch im Kurs, gleich sieben Spieler nahm der Bundestrainer mit auf die Reise nach Katar. Und davon werden fast alle heute einlaufen. Lediglich für Leroy Sane gab es einen Dämpfer – Knieprobleme machen einen Start unmöglich. Egal, denn mit Jamal Musiala steht ein hochbegabter 19-Jähriger in der Startformation unserer Nachbarn. Satte 12 Tore und 9 Torvorlagen machen "Bambi" zum besten Münchner Scorer der aktuellen Saison. Die Offensivabteilung der Deutschen hat unglaubliche Qualität, in der Defensive müssen die Deutschen aber ein bisschen basteln. Niklas Süle könnte als umfangstärkster Rechtsverteidiger in die Geschichtsbücher einer WM eingehen – oder aber die Zentrale mit Antonio Rüdiger beleben.
Lebendig ist auf jeden Fall das Spiel der taktisch hervorragend ausgebildeten Japaner. Gleich acht Deutschland-Legionäre stehen im Kader von Hajime Moriyasu. Dass die Partie gegen Deutschland damit ein spezielles Spiel für Yoshida, Kamada und den Rest der Gang ist, muss ich keinem erklären. Ob der vierfache Asienmeister aber deswegen unseren großen Nachbarn besiegen kann? Viel wird davon abhängen, wie die Deutschen ins Spiel kommen, wie effizient ihr Pressing in den Anfangsminuten funktioniert.
Aufgrund der körperlichen Überlegenheit können die Deutschen sehr viel Druck über ruhenden Bällen aufbauen. Die Bedeutung eines guten Turnierstarts ist wichtig für die Stimmung im Team. Die Deutschen haben bei der letzten WM schon ihre Lehren gezogen, als man sich Mexiko mit 0:1 beugen und nach der Gruppenphase schon die Koffer packen musste. Diesmal will Hansi Flick zumindest bis zum dritten Advent im Turnier bleiben, aber ob es bis zum vierten Advent reicht …?