FRANKREICH:

"Liberation": "Es war ein symbolträchtiger Moment, als die Kameras die teilnahmslosen Gesichter der elf iranischen Spieler übertrugen, die stumm blieben, während ein Mitglied der offiziellen iranischen Delegation auf der Bank sich allein unter den Pfiffen der anderen Zuschauer die Seele aus dem Leib brüllte. (...) Ein hochsymbolischer Moment, der die Unterstützung der Spieler für die Protestbewegung zeigt, die die Islamische Republik seit über zwei Monaten erschüttert."

BELGIEN:

"De Standaard": "In knapp einem Monat werden wir wissen, wer in Katar den WM-Pokal für Heuchelei gewonnen haben wird, aber es gibt schon jetzt eine ganze Reihe von Kandidaten. Angefangen bei Katar selbst, wo eine reiche wahhabitische Dynastie ohne Fußballtradition glaubte, sich mit der Weltmeisterschaft ins Rampenlicht spielen zu können, ohne sich unangenehmen Fragen zu Arbeitsbedingungen, Menschenrechten und Klimaanlagen in der Wüste stellen zu müssen. Topfavorit für den Heuchelei-Pokal ist natürlich auch die FIFA, die trotz aller oben genannten Gründe beschlossen hat, die Weltmeisterschaft 2010 an Katar zu vergeben. (...)."

DEUTSCHLAND:

"Tages-Anzeiger": "Wo kommen wir hin, wenn am Ende immer alle kuschen? Wenn nie jemand standfest bleibt und seine Überzeugungen vertritt? Dann gehen die Spielchen immer weiter, obwohl es längst reicht. Dabei hätten gerade mächtige Verbände und die berühmtesten Spieler die nötigen Mittel, um das System zu korrigieren. Sie müssten dafür nur zusammenstehen. Die FIFA braucht die größten Verbände und Spieler. Nur dank ihnen kann sie 4,666 Milliarden Dollar einnehmen, wie sie das im laufenden WM-Jahr tut. Die größten Verbände und Spieler hingegen brauchen die FIFA nicht. Vor allem nicht diese FIFA, die immer verlogener wird. Wann merken sie das endlich?"

SLOWAKEI:

"Pravda": "Vielen stellt sich die Frage, ob Katar wirklich verdient, dass hier eine Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen wird. Das bisher größte Versagen geht aber auf das Konto der Vertreter des Westens, die ansonsten den Mund voll nehmen mit dem Thema Menschenrechte. Sieben europäische Länder vereinbarten zunächst, dass ihre Mannschaftskapitäne eine Regenbogenschleife mit der Aufschrift "One Love" tragen sollten, um damit ihre Unterstützung für die LGBTI+-Gemeinschaft auszudrücken. Die glorreichen Sieben zogen dann aber schnell den Schwanz ein. (...) Immerhin aber werden Katar und die FIFA mit dem Verbot der Regenbogenschleifen wohl das Gegenteil ihres Ziels erreichen. Denn nun werden die Menschen umso mehr über die Vorgestrigkeit der Organisatoren und die Charakterlosigkeit der FIFA diskutieren."

SCHWEIZ:

"Neue Zürcher Zeitung": "So wirft die Diskussion um die Captainbinde ein grelles Licht darauf, was an dieser WM bereits jetzt schiefgelaufen ist. Die FIFA hatte das Problem mit den Binden offenbar hintangestellt, vielleicht weil es unterschätzt wurde. Das ist ein miserables Vorgehen, das alle Beteiligten schlecht aussehen lässt. Zumal Katar und die FIFA mit dem Verbot das genaue Gegenteil davon erreichen, was eigentlich bezweckt wurde: Es wird weiterhin über das reaktionäre Gesellschaftsbild des Ausrichters diskutiert – und erst recht über die Wankelmütigkeit der FIFA. (...) Nun ist das Dilemma perfekt. Und bis jetzt gibt es in Katar nichts, was sich positiv in Rechnung stellen ließe. Der WM-Auftakt war eine Farce. Die Parolen von Respekt und Toleranz, mit denen das Publikum anlässlich der Eröffnungszeremonie berieselt wurde, taugten nicht einmal als Alibi."

ENGLAND:

"The Telegraph": "Die politische Haltung der Fußballer in Katar war bemerkenswert und mutig. Wir sprechen hier nicht von England oder Wales, deren Kapitäne geplant hatten, Armbinden zu tragen, um ihre Solidarität mit Homosexuellen zu bekunden, und auf Druck der FIFA nachgaben. Wir sprechen über den Iran. (...) Die Spieler dieses Landes weigerten sich, ihre eigene Nationalhymne zu singen, während ihre Fans sie ausbuhten. Die Mannschaft wurde zwar geschlagen, aber man kann den Spielern verzeihen, dass sie andere Dinge im Kopf hatten."