Für zwei der prägenden Gesichter der vergangenen 15 Jahre ist die WM in Katar wohl der letzte Auftritt auf der großen Weltbühne. Während Argentiniens 35-jähriger Star Lionel Messi bei Paris Saint-Germain noch immer zum Leistungsträger zählt, ist Portugals Torgarant Cristiano Ronald bei Manchester United aufs Abstellgleis geraten. Viele haben den fünffachen Weltfußballer bereits abgeschrieben. Mehr denn je scheint der 37-Jährige darauf erpicht, es noch einmal allen zu zeigen.
Die Zahlen sprechen für sich: Mit 117 Toren in 191 Länderspielen ist Ronaldo ebenso Weltspitze wie mit 140 Treffern in der Champions League, auf Clubebene (Sporting Lissabon, Manchester United, Real Madrid und Juventus) hat er 701-mal getroffen. Messi (90/164, 129, 695) hinkt da leicht hinterher, hat aber derzeit die besseren Karten, sich noch zu steigern. Denn bei PSG gehört der 35-Jährige zur Stammelf. 12 Treffer in 18 Pflichtspielen, davon 4 Tore in der CL, stehen bei ihm in der laufenden Saison zu Buche. Bei Ronaldo sind es lediglich drei Tore, nur in der Europa League war der einstige Real-Madrid- und Juventus-Star erste Wahl.
Gilt Ronaldo als Tormaschine, ist der sechsfache Weltfußballer Messi die Zaubermaus, die dementsprechend wesentlich mehr Assists (346 versus 234 Nationalteam und Klub) vorzuweisen hat. Seine alles überragende spielerische Qualität mag im argentinischen Team nicht immer zum Tragen gekommen sein, in Katar trauen die Experten den "Albiceleste" jedenfalls mehr zu als Portugal. Argentinien gilt als Mitfavorit auf den Titel. Es wäre der insgesamt dritte, der erste seit 1986, ein Jahr vor der Geburt Messis.
Was auch immer im Emirat mit den beiden dann fünffachen WM-Teilnehmern passiert: Ronaldos Status als einer der besten Kicker aller Zeiten steht außer Zweifel. Zwischen seinem ersten Treffer für Portugal bei der EM 2004 und seinem bisher letzten, einem Double gegen die Schweiz im Juni, sind 18 Jahre vergangen, der Mann von Madeira ist zur Marke "CR7" und einem Bilderbuchbeispiel für Beständigkeit geworden.
Seine aktuelle Situation führt aber deutlich vor Augen, dass selbst Modellathleten wie er ein Ablaufdatum haben. Sein verbaler Rundumschlag gegen United-Trainer Erik ten Hag, den Klub und dessen ehemaligen Coach, den aktuellen ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick, droht bleibende Kratzer am Denkmal Ronaldo zu hinterlassen.
Selbst in der portugiesischen Auswahl ist die Tormaschine ins Stottern geraten, in den jüngsten neun Spielen mit der "Selecao" waren das Schweiz-Double die einzigen Treffer Ronaldos. Es scheint, als sei der Europameister 2016 nur noch einer von vielen Topspielern einer Elf, die in Katar wieder einmal zum erweiterten Favoritenkreis zählt. Mit Bernardo Silva, Ruben Dias, Joao Cancelo (alle Manchester City), Bruno Fernandes (ManUnited), Rafael Leao (AC Milan) oder Joao Felix (Atlético Madrid) verfügt Langzeit-Teamchef Fernando Santos über zahlreiche Weltklassekicker.
Ronaldo selbst wollte aber keine Zweifel an seinen noch immer vorhandenen Fähigkeiten aufkommen lassen, sein Selbstbewusstsein scheint ungebrochen. "Es ist noch ein bisschen mehr von Cristiano übrig. Ich bin Teil eines jungen Teams, will bei der WM, aber auch bei der nächsten EM dabei sein", stellte er im September klar. Aktuell mag sein Statement nach einer hohlen Durchhalteparole klingen. Berücksichtigt man aber die unerbittliche Einstellung Ronaldos sich selbst gegenüber, sollte man die alternde Fußballikone auch in Katar nicht abschreiben.