Seit mehreren Jahren wird Belgiens Nationalmannschaft bei großen Fußballturnieren zu den Favoriten gezählt. Für einen Titel hat es bisher noch nicht gereicht, obwohl die Auswahl aus dem 11,6-Millionen-Einwohner-Staat über eine bemerkenswerte Ansammlung von Klassespielern verfügt. Bei der WM in Katar soll nun der große Wurf gelingen, danach gibt es wohl nicht mehr viele Gelegenheiten – die sogenannte "Goldene Generation" ist nämlich schon leicht angegraut.
Bei der Endrunde 2018 in Russland marschierte Belgien mit drei Siegen durch die Gruppenphase, gewann dann auch im Achtelfinale gegen Japan (3:2) und im Viertelfinale gegen Brasilien (2:1). In der Vorschlussrunde scheiterte Österreichs kommender EM-Qualifikationsgegner als stärkere Mannschaft am Zweckfußball des späteren Weltmeisters Frankreich (0:1), das 2:0 im Spiel um Platz drei gegen England war ein schwacher Trost.
Die gleichen Schlüsselspieler – nur vier Jahre später
Viereinhalb Jahre später sind die Schlüsselspieler die gleichen – nur haben einige von ihnen den Zenit überschritten. Eden Hazard (31 Jahre) bringt es bei Real Madrid nur noch auf Kurzeinsätze, Romelu Lukaku (29) wurde zuletzt bei Manchester United und Chelsea nicht glücklich und versäumte bei Inter Mailand nahezu die gesamte laufende Saison wegen Muskelproblemen. Ob der Mittelstürmer rechtzeitig für die WM fit wird, ist noch immer nicht klar.
Der 35-jährige Dries Mertens wurde auch aufgrund seines Alters im vergangenen Sommer von Napoli zu Galatasaray transferiert, die Abwehr-Haudegen Toby Alderweireld (33/Royal Antwerpen) und Jan Vertonghen (35/Anderlecht) kicken mittlerweile in der belgischen Liga und nicht mehr in der Premier League. Nach wie vor auf Weltklasseniveau agieren Kevin De Bruyne (31/Manchester City) und Goalie Thibaut Courtois (30/Real Madrid).
De Bruyne, Courtois und Lukaku als Unterschiedsspieler
Die beiden Letzteren zählt Teamchef Roberto Martinez so wie Lukaku zu den Schlüsselspielern seiner Mannschaft. "Diese drei können wir nicht eins zu eins ersetzen. Wenn sie nicht zur Verfügung stehen, müssen wir anders spielen", erklärte der seit 2016 amtierende Spanier, zu dessen Assistenten Frankreichs Ex-Welt- und -Europameister Thierry Henry zählt.
Hazard hingegen ist bei den Belgiern nicht mehr unantastbar, zu schlecht läuft es für den Flügelspieler seit seinem Wechsel zu Real Madrid. Dennoch hält Martinez große Stücke auf den früheren Chelsea-Star. "Ihm fehlt die Spielpraxis, aber er ist in einer starken mentalen Verfassung. Ich sehe Energie und Freude rund um Eden, das habe ich vor einem halben Jahr nicht gesehen", sagte Martinez.
Hazard glaubt noch an sein eigenes Potenzial
Auch Hazard selbst glaubt an seine Rückkehr zu alter Form. "Ich habe immer gesagt, der alte Eden Hazard wird wieder da sein, sobald er spielt. Ich muss nur schnell in meinen Rhythmus finden", meinte David Alabas Klubkollege. Gelegenheit dazu gibt es in der machbaren Gruppe mit Kroatien, Marokko und Kanada.
Der Einzug in die K.o.-Phase sollte kein Problem sein, und danach will man laut Hazard den Vorschusslorbeeren endlich gerecht werden. "Wir haben eine unglaubliche Spielergeneration, aber noch nichts gewonnen. Wenn wir uns den Spitznamen 'Goldene Generation' verdienen wollen, dann müssen wir einen Titel holen", betonte Belgiens Kapitän.