Seit Jahren liefern sich rivalisierende Fangruppen von Sturm Graz und dem GAK handfeste Auseinandersetzungen. Lange Zeit wurden „Meinungsverschiedenheiten“ untereinander ausgetragen. Das heißt, nicht gewaltbereite Anhänger blieben unbehelligt. Ein Umstand, der sich in der jüngsten Vergangenheit geändert hat. Plötzlich kamen Personen zu Schaden, die sich zu keiner dieser Gruppen zählten. Der jüngste Vorfall ereignete sich am Samstag nach dem Spiel Sturm – Rapid, als zwei GAK-Busse am Stadion-Vorplatz haltmachten und eine Massenschlägerei auslösten. Wenige Stunden danach kam es in einem Lokal zu einer Racheaktion, in der Personen verletzt wurden und ein Sachschaden von rund 8000 Euro angerichtet wurde. Die Polizei ermittelt in beiden Fällen. Nach dem Vorfall am Stadion-Vorplatz wurden von 66 Personen die Identitäten festgestellt, wie die Exekutive bekannt gab.

Die Aussendungen der Vereine nach den Ausschreitungen

Da sich die Schlägerei in einem Sicherheitsbereich ereignet hatte, drohen den Aggressoren Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Die Ermittlungen laufen und werden bei Abschluss zur Anzeige gebracht. Der GAK reagierte mit einem offenen Brief auf die jüngsten Gewaltexzesse (siehe kleinezeitung.at). Das Statement des SK Sturm folgte. Beide Klubs sprechen sich darin gegen Gewalt aus. Und beide Klubs drohen ihren eigenen Fans mit Haus- bzw. Stadionverboten. Da wäre schon eine erste Gemeinsamkeit.

Vier Fragen an die beiden Grazer Klub-Bosse . . .

1. Was macht Ihr Klub, um der Situation im eigenen Lager Herr zu werden?

STURM-PRÄSIDENT CHRISTIAN JAUK: Im Unterschied zu unteren Ligen müssen Bundesligisten sehr hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Jeder Verein muss einen Sicherheitsbeauftragten vorweisen, der laufend Prüfungen zu absolvieren hat. In der Sicherheitsstatistik liegt der Sturm Graz ganz vorne. Der Vorfall am Samstag mit dem Angriff der  GAK-Fans ist unentschuldbar und darf sich nicht wiederholen. Dafür  werden wir alles unternehmen.

GAK-OBMANN HARALD RANNEGGER: Wir unternehmen sehr viel – von intensiven Gesprächen mit den Fangruppen, wöchentlichen Besprechungen mit den szenekundigen Beamten bis zu Stammtischen, um die Problematik und Außenwirkung näherzubringen. In den vergangenen Jahren hatten wir oft Ordner bei Auswärtsspielen dabei und wir halten uns an gerichtliche Stadionverbote.

2. Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit dem Stadtrivalen vorstellen?

JAUK: Alle Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Situation führen, sind im Sinne des SK Sturm. Gegenseitige Aufrechnungen tragen leider nicht zur Deeskalation bei, genauso wenig wie ein öffentlicher Diskurs.

RANNEGGER: Ja, es muss zu einer Normalisierung führen. Etwa mit einer Arbeitsgruppe unter Einbindung der Beamten und des steirischen Fußballverbandes. Wir bekennen uns zu sportlicher Rivalität, distanzieren uns aber in aller Deutlichkeit von Kriminalität welcher Form auch immer. Es fehlen ein gewisser Respekt und ein gemeinsamer Code of Ethics – nicht nur bei Fanklubs, sondern bei Vereinen selbst.

3. Sind jene Fans, die für Probleme sorgen, im Verein bekannt?

JAUK: Mit den Fangruppenverantwortlichen stehen wir laufend in Kontakt
und pflegen einen offenen Dialog, auch zu unangenehmen Themen. Die Spielregeln sind bekannt, bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen. Die Polizei können und wollen wir nicht ersetzen.

RANNEGGER: Nur bedingt – in den letzten Monaten hatten wir etliche neue Personen, zu denen wir noch keinen Zugang haben. Aber wir arbeiten daran. Leider liegt dieses Problem tiefer, wenn ich mir die Reaktionen der Eltern bei Nachwuchsderbys ansehe.

4. Haben Sie Lösungsvorschläge für das Grazer Hooligan-Problem?

JAUK: Vieles passiert außerhalb unseres Einflussbereiches. Der SK Sturm lehnt Gewalt in jeder Form ab, hat dies auch immer zum Ausdruck gebracht und fühlt sich für jeden Stadionbesucher verantwortlich. Die Sicherheit hat höchste Priorität. Die Lösung kann nur in einem respektvollen Umgang zwischen Verein, Polizei und betroffenen Fans liegen. Menschen, die ausschließlich gewaltorientiert sind, haben im Fußball nichts verloren,  gleichzeitig warne ich vor Repression.

RANNEGGER: Es gibt keine Patentlösung. Absolute Kontrolle ist für einen Landesligisten mit einem Ehrenamtlichenapparat nicht möglich und Problemfans dürfen aufgrund des Datenschutzes von der Exekutive nicht dem Verein gemeldet werden. Es bedarf einer Vereinheitlichung und einer Gesetzesänderung, denn auch Hausverbote sind auswärts zahnlos. Wie sollen Vereine verhindern, dass solche „Fans“, die meist nicht einmal eine Karte haben, in der Stadt randalieren? Das ist und bleibt Sache der Exekutive. Wir werden mithelfen, aber in Summe wird es nur gemeinsam und mit gegenseitigem Respekt gehen!