Das 1:1 der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft am Donnerstag in Linz gegen die Republik Moldau sorgte fünf Tage vor dem Highlight in Solna für einigermaßen Ernüchterung und lieferte Teamchef Ralf Rangnick tatsächlich neue Erkenntnisse – allerdings von der unangenehmen Sorte. Der Deutsche hatte das Duell mit der Nummer 164 der Welt als Qualifying für die Plätze in der Anfangs-Elf gegen Schweden bezeichnet, herauskamen ausschließlich Rückversetzungen. Niemand aus der zweiten Reihe konnte sich für ein Stammleiberl aufdrängen. "Wir haben Aufschlüsse für die Startformation bekommen, aber anders, als ich es mir vorgestellt habe. Ich habe gehofft, dass es mir der eine oder andere schwerer machen wird, doch das war nicht der Fall", gestand Rangnick.
Exemplarisch für den gebrauchten Abend stand das 0:1 nach nicht einmal drei Minuten, als Goalie Daniel Bachmann nach einer misslungenen Rückgabe von Kevin Danso patzte. "Es war ein Tormannfehler, aber auch ein richtig schlechter Rückpass", sagte Rangnick. "Das war eigentlich ein Eigentor."
Danso, den der Teamchef "noch nie so schlecht wie heute" gesehen hatte, blieb so wie der zweite Innenverteidiger Philipp Lienhart zur Pause in der Kabine. Um die Partie noch halbwegs zu retten, brachte Rangnick unter anderem David Alaba und Marcel Sabitzer, für die aus Schonungszwecken ursprünglich gar kein Einsatz vorgesehen war.
Mit diesem Duo und weiteren arrivierten Kickern wie Marko Arnautovic, Christoph Baumgartner und Xaver Schlager gelang dann eine zumindest kleine Steigerung, auch wenn Rangnick die Leistung in den letzten 15 Minuten bemängelte. So richtig im Magen lagen dem Coach aber die ersten 45 Minuten. Da habe man zu viele Rück- und Querpässe produziert, kritisierte der 65-Jährige.
Auf mangelnde Leidenschaft sei die triste Darbietung nicht zurückzuführen, betonte Rangnick. "Ich glaube nicht, dass es am letzten Punch lag. Es lag an technischen Unzulänglichkeiten und hatte in erster Linie mit der Passqualität und dem zielstrebigen Spiel nach vorne zu tun. Auch die Qualität der Flanken hat nicht gepasst, und unser Aufbauspiel von hinten heraus war gelinde gesagt schlecht."
Mit Debütant David Schnegg war Rangnick ebenfalls nicht zufrieden. "Mich hat schon gewundert, dass er in den letzten 20 Minuten offensichtlich völlig blank war. Er ist 23, 24 Jahre alt und müsste eigentlich am Beginn einer Saison voll im Saft stehen, so intensiv war das Spiel auch nicht." Der Linksverteidiger von Sturm Graz habe zwar "in der ersten Hälfte die eine oder andere gute Aktion" abgeliefert, "wo er in den Speed gekommen ist und den einen oder anderen Freistoß herausgeholt hat". Doch am Ende habe man bei Schnegg "die eine oder andere technische Unsauberkeit" gemerkt, so der Teamchef.
Als positiv bewertete Rangnick, dass sich mit Ausnahme des wegen Sprunggelenksproblemen ausgeschiedenen Dejan Ljubicic niemand verletzt hat – und das gegen einen äußerst destruktiv eingestellten Gegner. "Moldau hat wie Andorra gespielt, das war nicht vergnügungssteuerpflichtig."
Teamchef will Leistung nicht überbewerten
Gegen Andorra mühte sich das ÖFB-Team im vergangenen November zu einem 1:0. "Da haben wir uns ähnlich schwergetan und dann haben wir vier Tage später ein überragendes Spiel gegen Italien (Anm.: 2:0-Sieg) gezeigt", sagte Rangnick. Deshalb wollte der Nationaltrainer auch nicht in Alarmstimmung verfallen. "Mich ärgert der Auftritt vor allem in der ersten Hälfte sehr, aber man darf es im Hinblick auf Dienstag nicht überbewerten."
Rangnicks Blut geriet auch im Finish in Wallung, als er sich wegen eines Freistoßpfiffs für die Moldauer über das englische Schiedsrichterteam beschwerte. "Ich bin aus England andere Schiedsrichter gewohnt", sagte der Coach. "Ich habe den vierten Offiziellen gefragt, ob sie wirklich aus England kommen." Dies wurde wohl an Referee Robert Jones weitergegeben, der Rangnick daraufhin Gelb zeigte. "Sie hatten offenbar keinen englischen Humor", vermutete Rangnick nach seiner laut eigenen Angaben ersten Gelben Karte als Trainer.